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Ein Kind wurde bei einem Luftangriff im Jemen verletzt.

© AFP PHOTO / ABDO HYDER

Situation im Jemen: "Die Menschen zu erreichen, ist schwierig"

Bürgerkrieg, Hunger und eine fehlende medizinische Versorgung: Ärzte ohne Grenzen sind in Jemen mit über 500 Mitarbeitern vor Ort. Projektkoordinatorin Jana Brandt berichtet, ob Geld allein helfen kann und wie schwer es ist, dort zu arbeiten.

Frau Brandt, die Vereinten Nationen haben auf der Geberkonferenz für die Menschen im Bürgerkriegsland Jemen mehr als zwei Milliarden Dollar gesammelt. Hilft das dem Land?

Geld allein reicht mit Sicherheit nicht aus, um die Not der jemenitischen Bevölkerung zu mindern. Denn es muss erst einmal vor Ort umgesetzt werden. Dazu brauchen wir internationale Mitarbeiter, die in das Land kommen, um Projekte aufzubauen. Der Bedarf im Jemen ist riesengroß. Auch Ärzte ohne Grenzen sind der Notsituation im Land nicht gewachsen, wir können nicht alles abdecken. Krankenhäuser sind zerstört, es gibt nicht genug Medikamente. Um wirklich helfen zu können, müssen administrative Hürden abgeschafft werden, die von vielen Seiten auferlegt werden, um dort zu arbeiten. Und natürlich muss es eine politische Lösung geben. Solange kein Wille da ist, wird sich an der Lage der Bevölkerung nichts ändern.

Inwiefern hat die Blockade des Landes durch die von Saudi-Arabien geführte Koalition die Lage noch verschärft?

Die Preise steigen. Nicht nur für Benzin-, sondern auch für Wasser. Jemen ist ein eher trockenes Land, es funktioniert, indem Wasser mit Lastwagen transportiert und dann in Tanks gepumpt wird. Steigen Benzinpreise, sind diese Fahrten teurer. Menschen können sich kein Wasser mehr leisten. Das verschärft die Hygiene- und damit die Gesundheitssituation.

Jana Brandt koordiniert bei Ärzte ohne Grenzen das Hilfsprogramm im Jemen. Die Organisation ist mit mehr als 1.900 Mitarbeitern in elf Regionen im Land tätig und unterstützt Bedürftige.

© Ärzte ohne Grenzen

Kommt denn trotz allem Hilfe vor Ort an?

Ich kann nur von unseren Projekten sprechen. Wir arbeiten unabhängig und haben etwa auch unsere eigenen Flugzeuge und eigene Sicherheitsbestimmungen. Dadurch haben wir im Gegensatz zu anderen Organisationen einen einfacheren Zugang zum Land, auch wenn es durch den Konflikt weiterhin oft schwierig ist, die Menschen zu erreichen.

Sie waren selbst im Dezember vor Ort. Wie lässt sich dort arbeiten?

Die Sicherheitslage ist die erste Schwierigkeit vor Ort. Wir müssen aufpassen, wo unsere Teams unterwegs sind. Der Konflikt an sich ist sehr komplex. Es geht nicht um Huthis gegen die von Saudi-Arabien angeführte Koalition, sondern es gibt noch verschiedene kleinere Gruppen, die sich untereinander bekämpfen. Man braucht Genehmigungen von verschiedenen Behörden, muss verhandeln. Nicht nur die Sicherheit ist ein Problem. Es ist nicht so einfach, Leute ins Land zu bekommen, Visaanträge brauchen oft Wochen. Auch Importe unterliegen den Bestimmungen vor Ort. Medikamente werden zurückgehalten. Und die Bevölkerung ist natürlich stark betroffen von den Kämpfen. Einige Patienten laufen stundenlang, um medizinische Versorgung zu bekommen.

Das Interview führte Helena Wittlich.

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