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Politik: Die Stimmung wendet sich gegen Rot-Grün

Umfragen deuten auf Machtwechsel in NRW Fischer: Ich habe in Visa-Affäre an Rücktritt gedacht

Berlin - Elf Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben Rekordarbeitslosigkeit und Visa-Affäre in ganz Deutschland einen politischen Stimmungsumschwung ausgelöst. Nach einer Meinungsumfrage von Infratest dimap im Auftrag von ARD und Tagesspiegel hätten Union und FDP zum ersten Mal seit drei Monaten wieder eine Mehrheit der Sitze im Bundestag. Zugleich ermittelten die Meinungsforscher eine deutliche Wechselstimmung. So wünschen sich 60 Prozent der Befragten nach der Bundestagswahl 2006 eine andere Regierung.

Auch in Nordrhein-Westfalen, wo am 22. Mai gewählt wird, liegt Schwarz- Gelb deutlich vor Rot-Grün. Hier liegt die Union nach einer Umfrage für den WDR bei 43, die FDP bei 7 Prozent. Das ergäbe eine stabile Mehrheit. Dagegen sackt die SPD in NRW um zwei Punkte auf 35 Prozent ab. Die Grünen kämen unverändert auf neun Prozent. Als Ursache für den Stimmungsumschwung gelten Kompetenzgewinne der Christdemokraten bei den Themen Wirtschaft und Arbeit.

Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will an diesem Samstag über Gespräche mit der Union entscheiden. Die Regierung werde ausloten, ob seitens der Opposition der ernsthafte Wille zur Zusammenarbeit bestehe, erklärte Regierungssprecher Thomas Steg. Das Kabinett wird nach Angaben Stegs voraussichtlich am Mittwoch über die Lage auf dem Arbeitsmarkt und die Entwicklung der Konjunktur beraten. Steg bestätigte Überlegungen des Wirtschaftsministeriums, die Konjunktur durch Wachstumsimpulse zu stärken. Klassische Konjunkturprogramme kämen für die Regierung jedoch nicht in Frage.

In SPD-Kreisen wurde damit gerechnet, dass sich Schröder in Kürze auch in den Streit zwischen Finanzminister Hans Eichel und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (beide SPD) einschalten wird. Die Differenzen wurden am Freitag erneut deutlich. Während Clement eine Reform der Unternehmensteuer noch vor der Wahl 2006 als möglich bezeichnete, schloss Eichel dies aus: „Es gibt keine Chance, das in dieser Wahlperiode zu machen.“

NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) sagte, natürlich seien Unternehmensteuern „ein Thema“, aber wenn es einen Vorschlag aus Berlin gebe, „muss das sitzen“. Er kritisierte damit indirekt den Streit zwischen Clement und Eichel. Wenn der Bund helfen wolle, solle er „nur mit Vorschlägen in die Öffentlichkeit gehen, wenn sie einigermaßen konsistent sind“. Nach Steinbrücks Auffassung muss das Augenmerk auf die Senkung der Lohnnebenkosten gelenkt werden, kleine und mittlere Unternehmen sollten entlastet werden. Ausdrücklich wandte er sich gegen ein kreditfinanziertes Konjunkturprogramm. Auch NRW-Bauminister Michael Vesper (Grüne) sprach sich gegen Konjunkturprogramme aus, wenn diese den Schuldenstand weiter erhöhen. Er plädierte für zinsgünstige Darlehen durch die KfW-Bankengruppe, „vor allem wenn sie auch einen ökologischen Sinn haben“. Er nannte als Beispiel die Wärmedämmung.

In der Visa-Affäre hat Außenminister Joschka Fischer (Grüne) nach eigenen Angaben den Rücktritt erwogen, sich dann aber dagegen entschieden. Das Auswärtige Amt habe die Probleme an der Botschaft in Kiew von sich aus behoben. „Wenn ich das abwäge, auch mit Blick auf die Herausforderungen, vor denen wir innen- und außenpolitisch stehen, komme ich zum Schluss: Ich mache weiter“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“. Fischer sprach sich überdies dafür aus, mit der Union über eine Ausweitung der Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose zu beraten.

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