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Politik: Die Sudetendeutschen wollen Entschädigung aus dem deutsch-tschechischen Zukunftsfonds - die CSU unterstützt sie

Der Satz wirkte wie eine Drohung: "Wenn Prag klug ist, führt das zu keiner Verstimmung." Zuvor hatte die wiedergewählte Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, lapidar erklärt, sie hoffe, dass die Forderung der Sudetendeutschen Landsmannschaft nach einer Entschädigung nicht zu einer Verstimmung des deutsch-tschechischen Verhältnisses führen werde.

Der Satz wirkte wie eine Drohung: "Wenn Prag klug ist, führt das zu keiner Verstimmung." Zuvor hatte die wiedergewählte Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV), Erika Steinbach, lapidar erklärt, sie hoffe, dass die Forderung der Sudetendeutschen Landsmannschaft nach einer Entschädigung nicht zu einer Verstimmung des deutsch-tschechischen Verhältnisses führen werde. Das wird man abwarten müssen, doch viele Beobachter werten den Vorstoß der Sudetendeutschen ebenso wie die Unterstützung durch den BdV als Affront gegen diejenigen, die sich seit Jahren vor allem um die deutsch-tschechische Aussöhnung verdient gemacht haben.

Es geht den Sudetendeutschen um Entschädigung und, wie es Erika Steinbach ausdrückt, um "Heilung des Unrechts". Allerdings bleibt im Antrag des Bundesverbandes der Sudetendeutschen Landsmannschaft vom Wochenende unerwähnt, dass durch den deutschen Lastenausgleich längst Ersatz für materielle Schädigung gewährleistet worden ist. Zudem sind auch im Rahmen der humanitären Hilfe Leistungen aus dem deutsch-tschechischen Zukunftsfonds gewährt worden. Doch diese Leistungen, so steht es wörtlich im Antrag, "können nicht als Entschädigung angesehen werden".

Die Sudetendeutschen verlangen vom deutsch-tschechischen Zukunftsfonds eine teilweise Entschädigung von bis zu 4000 Mark für in der Nachkriegszeit erlittenes Unrecht. Ihr Antrag wird von der bayerischen Regierung unterstützt. Der Leiter der Münchner Staatskanzlei, Erwin Huber, erklärte am Wochenende, es gehe nur um Hilfen für Härtefälle. Vertriebene, die durch lange Haftzeiten und gewaltsame Übergriffe schwere Gesundheitsschäden erlitten hätten, sollten wie tschechische SS-Opfer Unterstützung bekommen können.

Nach Informationen der ARD und der "Süddeutschen Zeitung" handelt es sich um eine Gruppe von 2000 Personen. Die Zeitung schrieb, bei der Landsmannschaft hätten sich bisher 1000 Geschädigte registrieren lassen, die Verantwortlichen rechneten aber mit noch einmal so viel. Sie verlangten 4000 Mark pro Person. Der Sprecher der Landsmannschaft, Landtagspräsident Johann Böhm, sagte der ARD: "Opfer waren schlimm dran, wenn sie Opfer nationalsozialistischer Verfolgung wurden. Opfer waren genauso schlimm dran, wenn sie Opfer anderer nationalistischer Verfolgung wurden. Deswegen scheint es recht und billig, dass man auch Sudetendeutsche, die der tschechischen Verfolgung zum Opfer gefallen sind, in eine Entschädigung einbezieht." Außenminister Joschka Fischer kritisierte die Sudetendeutschen, weil sie massiv deutsche Interesse verletzten. "Jeder Vorstoß von deutscher Seite in dieser Richtung ist kontraproduktiv", sagte er.

Der CSU-Politiker Huber sagte in Kreuth, Fischer habe noch im vergangen November selbst angeregt, die Einrichtung eines solchen Sozialwerks dem Zukunftsfonds vorzuschlagen. Um so unverständlicher sei es, dass er diese schwierigen menschlichen Fragen jetzt mit "ein paar flapsigen Bemerkungen" abtun wolle. "Es geht nicht um eine Gleichstellung oder ein Aufrechnen von Unrecht", betonte der CSU-Politiker. Es gebe auch kein Junktim zwischen verschiedenen Entschädigungsforderungen, aber es diene der Versöhnung, wenn anerkannt werde, dass auch Deutschen schweres Unrecht zugefügt worden sei, die keinerlei Schuld auf sich geladen hätten.

Der deutsch-tschechische Zukunftsfonds müsse die geschichtliche Wahrheit und die Anliegen beider Seiten berücksichtigen. Die bayerische Regierung appelliere an den Fonds, menschlichen und sozialen Härtefällen nicht von vornherein Leistungen zu verweigern. Dabei denke er vor allem an Sudetendeutsche, die in die DDR vertrieben worden seien und bislang keine finanzielle Unterstützung erhalten hätten. Der Zukunftsfonds war 1997 von den Ex-Regierungschefs Vaclav Klaus und Helmut Kohl eingerichtet worden. Er wird von der Bundesrepublik mit 140 Millionen und Tschechien mit 25 Millionen Mark ausgestattet. Fischer hatte gesagt, der Antrag der Sudetendeutschen verletze massiv deutsche Interessen.

Der Bund der Vertriebenen hat gleichzeitig in Berlin zur öffentlichen Diskussion über die Entschädigung von deutschen Vertriebenen aufgefordert. Polen, Tschechien und Slowenien müssten sich endlich "den materiellen Folgen der völkerrechtswidrigen Vertreibung und Enteignung" von Millionen Deutschen nach 1945 stellen, verlangte BdV-Präsidentin Erika Steinbach.

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