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Deutsche Schiffe und Yachten sind besonders oft in Schmuggelgeschäfte verstrickt. Das hat eine Studie ergeben.

© dpa

Drogen- und Waffenhandel: Jedes fünfte Schmuggelschiff kommt aus Deutschland

Jedes fünfte Schiff, auf dem in den vergangenen 20 Jahren weltweit geschmuggelte Drogen oder Waffen gefunden wurden, gehört einer deutschen Reederei. Damit führt Deutschland eine internationale Top-Ten-Liste an.

Zu diesem Schluss kommt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri. Zwei Jahre lang durchforsteten Hugh Griffiths und Michael Jenks eine eigens dafür aufgebaute Datenbank, in der 2500 Fälle geschmuggelter Ware auf Schiffen von mehr als 100 Bruttotonnen gelistet sind. „So eine Überblicksarbeit gab es bisher nicht“, sagte Hugh Griffiths dem Tagesspiegel.

Die Studie zeigt, dass 19,5 Prozent der Frachter, auf denen zwischen 1991 und 2011 geschmuggelte Ware gefunden wurde, im Besitz eines deutschen Unternehmens waren. Insgesamt gehören 60 Prozent aller Schmuggelschiffe Unternehmen aus der Europäischen Union, einem OECD- oder Nato-Staat. Deutschland führt die Top-Ten-Liste an, gefolgt von Griechenland, den USA und Nordkorea.

Den deutschen Platz eins erklärt Griffiths damit, dass deutsche Firmen besonders viele moderne Containerschiffe besitzen. Der Transport ist schneller und wird selten kontrolliert. „Und in ihnen wird heute auch am meisten geschmuggelt“, sagt Griffiths, beispielsweise Drogen von Südamerika nach Europa, oder Waffen von Nahost Richtung Syrien oder Iran, oder von Nordchina Richtung arabische Halbinsel. Auf diesen Routen seien viele deutsche Schiffe unterwegs, sagt er, „weil sie sehr profitabel sind“.

Die Besitzer berufen sich im Zweifel auf die Spediteure.

Die insgesamt 84 deutschen Schiffsbesitzer sind damit nicht zwangsläufig aktive Schmuggler. Schiffe, die deutschen oder anderen Reedereien gehören, werden oft von anderen Unternehmen betrieben. Diese berufen sich im Zweifel auf die Spediteure, wie ein in der Studie erwähnter Fall zeigt. Im Oktober 2010 fanden nigerianische Sicherheitskräfte auf dem deutschen Frachter Everest 13 Container mit geschmuggelten Raketenwerfern, Granaten und anderen Waffen. Der französische Schiffsbetreiber der Everest, CMA CGM, bestätigte den Fund der Waffen, die im iranischen Hafen Bandar Abbas an Bord genommen worden waren, berief sich aber auf die Frachtpapiere. In denen stand, dass die Container Baumaterial enthielten. Der verantwortliche iranische Spediteur Behineh Trading Company stand auf keiner Bannliste. Er sei aber bereits den israelischen Behörden aufgefallen, die auf einem anderen Schiff von Behineh Trading geschmuggelte Waffen gefunden hätten, sagt Griffiths. „Israel hat diese Information nicht kommuniziert“, sagt der Forscher. „Das Problem ist, dass in diesen Fällen eigentlich niemand rechtlich verantwortlich ist.“

Die hohe Zahl der kontrollierten deutschen Schiffe zeigt laut Griffith auch, dass die deutschen Behörden einiges richtig machten und in Verdachtsfällen Fracht durchsuchen ließen. Da die Ergebnisse dieser Durchsuchungen veröffentlicht würden, seien sie in die Sipri-Datenbank eingegangen. Meist zeigten sich die deutschen Reeder entsetzt über den Fund von Drogen oder geschmuggelten Waffen an Bord ihrer Schiffe. „Ich kann nicht glauben, dass der Schiffsindustrie nicht klar ist, wie einfach man solche Ware schmuggeln kann“, sagt Griffiths dazu. „Das ist ein schmutziges Geheimnis.“

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