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Politik: Ein neuer Favorit – der fünfte

Newt Gingrich führt neuerdings im Rennen um einen Gegenkandidaten für Barack Obama.

Nach der elften Folge fühlen sich die Zuschauer der TV-Debatten der republikanischen Präsidentschaftsbewerber wie in einer Seifenoper. Sie kennen die Hauptdarsteller und die Rollenverteilung. Im Zweifel wissen sie vorher, was jeder von ihnen in einer bestimmten Situation sagen wird. Und doch schalten jedes Mal wieder Millionen ein, auch in der Nacht zum Mittwoch. Denn diese Geschichte entwickelt sich nicht vorhersehbar. Die jüngste Überraschung: Es gibt einen neuen Spitzenreiter in den Umfragen, den fünften bereits – Newt Gingrich.

Auf ihm ruhten die Augen. Und auf Mitt Romney, dem wahren Favoriten für die Kandidatur und dem Einzigen, der gute Chancen hat, Präsident Barack Obama zu besiegen. Doch die konservative Basis mag Romney nicht. Er wirkt zu moderat. So sucht sie seit Monaten nach einer Alternative. Drei Bewerber wurden bereits hochgelobt und wieder fallen gelassen: Michele Bachmann, Rick Perry, Herman Cain. Nun erhält Gingrich seine Chance. Im Zentrum der Debatte standen Außenpolitik und Terrorabwehr. Müsste man annehmen, dass die Bewerber als Präsident tatsächlich tun würden, was sie so von sich geben, gäbe es Grund zu Befürchtungen. Sechs der acht behaupten zum Beispiel, Terrorverdächtige hätten keinen Anspruch auf die verfassungsmäßigen Grundrechte. Auch Gingrich und Romney sagten das. Die Mehrheit würde einen Militärschlag Israels gegen Irans Atomanlagen unterstützen. Die drei anderen ließen immerhin durchblicken, dass eine solche Aktion weder geplant ist noch Aussicht auf Erfolg hat und jedes Solidaritätsversprechen für Israel folglich ein leeres Lippenbekenntnis ist, um konservative Wähler zu gewinnen.

Lehrreicher waren das Auftreten und die Körpersprache. Romney weiß, welches Misstrauen ihm entgegenschlägt. Also gibt er sich härter, als es seinen Überzeugungen entspricht. Als der moderate Jon Huntsman vorschlug, den Abzug aus Afghanistan zu beschleunigen – wohl wissend, dass viele Wähler den Krieg leid sind –, widersprach Romney: Viele Generäle hielten den von Obama geplanten Rückzug im Jahr 2014 für verfrüht; er werde als Präsident nichts gegen den Rat der Militärs unternehmen. Als Huntsman entgegenhielt, der Präsident solle die Generäle anhören, sich ihnen aber nicht blind unterordnen, sondern politisch entscheiden, beharrte Romney auf seiner Sicht. Seine Stimme klang scharf und inquisitorisch.

Gingrich gab den coolen und entspannten Intellektuellen, der dank seines enormen Wissens und seiner Erfahrung alle Sachgebiete im Blick hat und es sich sogar erlauben darf, im Fernsehen professoral zu dozieren. Seine unausgesprochene Botschaft: Ich bin der Kandidat, der es intellektuell und rhetorisch mit Obama aufnehmen kann.

Gingrichs Aufstieg galt vor drei Monaten noch als unwahrscheinlich. Er ist ein Politiker von vorgestern. Seine große Zeit lag Mitte der 90er Jahre. Da war er Parlamentspräsident und Gegenspieler des demokratischen Präsidenten Bill Clinton. Unter Gingrichs Führung gewannen die Republikaner die Mehrheit im Kongress, machten Clintons Anlauf zu einer Gesundheitsreform, wie sie jetzt erst, 16 Jahre später, Barack Obama durchgesetzt hat, zunichte. Und sie leiteten ein Amtsenthebungsverfahren gegen Clinton ein, wegen dessen Schwindeleien um seine Affäre mit der Praktikantin Monika Lewinsky. Gingrich, der den öffentlichen Chefankläger gab, hatte zur selben Zeit selbst eine außereheliche Affäre, wie man inzwischen weiß.

Im August schien Gingrichs Bewerbung am Ende. Seine wichtigsten Wahlkampfberater kündigten, weil sie an der Ernsthaftigkeit seiner Kandidatur zweifelten. Gingrich machte lieber Urlaub, als um Stimmen zu werben. Nun liegt er mit 23 Prozent an der Spitze, gefolgt von Romney (21 Prozent) und Cain (18 Prozent). Die Republikaner sind weiter auf der Suche nach einem Kandidaten, den sie mögen und der Obama schlagen kann.

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