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Anton Schlecker mit seinen Kindern Meike und Lars.

© Thomas Warnack/dpa picture alliance

Schlecker-Strafverfahren: Ein Urteil ist für alle da

Ein Bankrott auf über 150 Seiten, die nach dem Willen der Drogerie-Familie keiner lesen soll - dabei muss öffentlich sein, was Gerichte machen.

Das Dokument mit mehr als 150 Seiten erzählt eine deutsche Unternehmergeschichte. Wie ein Kaufmann mit seinem kleinen Handelsgeschäft und einem simplen Konzept wuchs und wuchs und es zum Drogistenimperium ausbaute. Das allerdings hässliche Ende steht bereits am Anfang. Eine Bewährungsstrafe für Anton Schlecker, knapp drei Jahre Haft für seine Kinder Lars und Meike. Vorsätzlicher Bankrott, Untreue, Insolvenzverschleppung lauteten die Vorwürfe. Statt im Angesicht der drohenden Pleite Gläubiger auszuzahlen, schob die Familie sich selbst die Millionen zu. Mutmaßlich, muss man sagen, denn das Urteil gegen die Kinder ist noch nicht rechtskräftig.

Das Landgericht Stuttgart will das Vorbringen prüfen

Geht es nach den Schleckers, soll niemand diese Geschichte lesen dürfen. Ihre Anwälte versuchen, die Veröffentlichung des schriftlichen Urteils vom November 2017 zu verhindern. Die Herausgabe würde die Persönlichkeitsrechte verletzen, heißt es. Außerdem müsse erst die Revision beim Bundesgerichtshof abgewartet werden. Das Landgericht Stuttgart will das Vorbringen prüfen und dann entscheiden.

Das mutet paradox an. Denn alles, was im Urteil steht, muss im Prinzip auch in der öffentlichen Hauptverhandlung erörtert werden. Trotzdem können hier im Einzelfall die Rechte Betroffener überwiegen. Man denke an Prozesse wegen Sexualdelikten, wo es um Intimstes gehen kann. Bei den Schleckers liegt dergleichen nicht auf der Hand. Es dürfte für die Verurteilten nicht viel peinlicher werden als alles ohnehin schon war. Und wenn es um das Allerprivateste geht, könnte sparsam geschwärzt werden.

Justiz muss zugänglich und kontrollierbar sein

Gerichtsurteile in einem demokratischen Rechtsstaat haben grundsätzlich öffentlich zu sein. Die Justiz repräsentiert eine Staatsgewalt, die für Bürgerinnen und Bürger zugänglich und kontrollierbar sein muss wie andere Staatsgewalten auch. Geheimverfahren darf es nicht geben. Richtern gefällt dieser Gedanke nicht unbedingt, denn wenn man ihn zu Ende denkt, dann wird klar, dass sich Gerichte Transparenzansprüchen stellen müssen. Was machen die da eigentlich? Welche Klagen entscheiden sie? Viele Urteile stehen heute in Datenbanken im Internet. Aber längst nicht alle. Wird Wichtiges vergessen? Oder absichtlich unterdrückt? Und wie steht es mit gerichtlicher Öffentlichkeitsarbeit? Eine Entscheidung geht per Mitteilung direkt an die Presse, von der anderen erfährt außer den Beteiligten kein Mensch.

Gerichte steuern selbst, wie über sie berichtet wird

Regeln dazu gibt es kaum. So steuern Gerichte in erheblichem Maße selbst, ob und wie über ihre Rechtsprechung öffentlich berichtet wird.

Sollte dies alles ungeregelt bleiben, so muss es zumindest überprüfbar sein. Nichts ist wirklich geheim an einem Gericht, außer vielleicht dem Beratungsgeheimnis. Und auch darüber wird irgendwann zu reden sein.

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