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Nichtraucherschutz: Einigung auf Rauchverbot mit Ausnahmen

In Deutschland wird es voraussichtlich kein einheitliches Rauchverbot in Gaststätten geben. SPD-Gesundheitspolitiker wollen einen neuen Anlauf starten, um ein solches Verbot über den Arbeitsschutz doch noch zu erwirken.

Berlin - Die Ministerpräsidenten einigten sich zwar auf einen weitgehenden Nichtraucherschutz in der Gastronomie, in Schulen, Kindergärten, Behörden, Theatern, öffentlichen Verkehrsmitteln und Discotheken. Für Eckkneipen können sich die Länder aber Ausnahmen vorbehalten, etwa mit einem "R" für Raucherlokal. Dies wollen mehrere Länder umsetzen. Grundsätzlich soll das Rauchen in separaten Räumen von Gaststätten erlaubt sein. Der Kompromiss stieß parteiübergreifend auf Kritik. Die EU-Kommission begrüßte die Entscheidung der Länder.

"90 Prozent des Nichtraucherschutzes in Deutschland wird einheitlich sein", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU). "Das ist der größte Schritt zum Passivrauchen, den es je in Deutschland gegeben hat." Die Mehrheit der Länder sprach sich für ein weitgehendes Rauchverbot aus. Die Regierungschefs schlossen sich damit grundsätzlich dem Votum der Gesundheitsminister vom Februar an, die ein Rauchverbot in Gaststätten mit Ausnahme separater Räume wollen. "Es gibt einige wenige Länder, die bei der Eckkneipe noch prüfen wollen, ob sie Ausnahmen machen", sagte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU). Sein Land gehöre nicht dazu.

Wowereit warnt vor Verwässerung

Unklar blieb, wie viele Länder diese Option nutzen wollen. Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, das Saarland und Sachsen-Anhalt hatten zuvor Ausnahmen für bestimmte Kneipen gefordert. Bayern will Sonderregelungen für Bier- und Festzelte. Im Februar hatten nur Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen verlangt, dass künftig die Wirte über Raucherlokale entscheiden sollen. Nun müssen die Länderparlamente die Rauchverbote gesetzlich regeln.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) warnte vor einer Verwässerung. "Da muss man eine klare Linie ziehen." Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) sagte: "Ich hätte mir gewünscht, wenn wir noch dichter zusammengeblieben wären." Nach Angaben Wulffs gehen die 16 Ministerpräsidenten davon aus, dass in mehreren Jahren alle Gaststätten rauchfrei sein sollen. Für den Arbeitsschutz der Beschäftigten muss der Bund tätig werden.

SPD-Gesundheitspolitiker wollen einen neuen Anlauf im Bundestag starten, um ein Rauchverbot über den Arbeitsschutz zu regeln. Kellner müssten wie andere Arbeitnehmer vor Gefahren des Rauchens geschützt werden, sagte der SPD-Abgeordnete Lothar Binding dem "Handelsblatt". Er hatte 2006 einen Rauchverbotsantrag im Bundestag gestartet. Die Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Martina Bunge (Linksfraktion), warf den Regierungschefs vor, sie hätten die Chance für ein konsequentes Verbot verpasst. Die Grünen sprachen von einem "Stück aus dem Tollhaus".

Bayern will den Anfang machen

Als erstes Bundesland will Bayern ein Nichtraucherschutzgesetz auf den Weg bringen. Das Kabinett plant schon an diesem Freitag einen Beschluss für ein Verbot in öffentlichen Gebäuden. Ausnahmen sollen für abgetrennte Raucherräume sowie Bier- und Festzelte gelten. Auch Rheinland-Pfalz will bald ein weitgehendes Rauchverbot in Gaststätten umsetzen. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) erwartet für sein Land spätestens Anfang 2008 ein Gesetz. Wowereit strebt eine einheitliche Regelung für beide Länder an. Sachsen-Anhalt will Rauchen in Gaststätten von 2008 an ohne Sonderregeln verbieten und erwägt mit Sachsen und Thüringen ein einheitliches Vorgehen.

Die Bundesärztekammer warf den Ländern Versagen vor. Die Deutsche Krebsgesellschaft hofft auf Unterstützung durch die Bevölkerung und forderte Volksentscheide zum Nichtraucherschutz auf Landesebene. Ein Aktionsbündnis demonstrierte am Rande der Konferenz der Länder-Regierungschefs für ein Rauchverbot ohne Ausnahmen. Die Bundesregierung will das Qualmen in öffentlichen Verkehrsmitteln und Bundesbehörden verbieten - der Bundestag muss noch entscheiden. (tso/dpa)

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