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Politik: Elfenbeinküste: Streit um das Erbe des verjagten Diktators

Nach einem turbulenten Machtwechsel bleibt die Situation in dem westafrikanischen Land Elfenbeinküste instabil. Zwar ist der Juntaführer General Robert Guei aus dem Amt gejagt worden.

Nach einem turbulenten Machtwechsel bleibt die Situation in dem westafrikanischen Land Elfenbeinküste instabil. Zwar ist der Juntaführer General Robert Guei aus dem Amt gejagt worden. Als Sieger der Präsidentenwahlen wird allgemein der Sozialist Laurent Gbagbo gehandelt. Doch jetzt gehen die Anhänger des Ex-Premiers Alassane Ouattara auf die Straße.

Immer noch ist das öffentliche Leben in der ivorischen Wirtschaftsmetropole Abidjan lahm gelegt. Die Busse blieben gestern in ihren Depots, Läden auf dem westlich geprägten "Plateau" blieben geschlossen. Schon vor Ende der Ausgangssperre gegen 6 Uhr morgens versammelten sich in den nördlichen Stadtteilen Anhänger des "Republikaner"-Führers Alassane Ouattara und errichteten Barrikaden. Es kam zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Parteigängern Ouattaras und Gbagbos mit mindes-tens 36 Toten. Die Demonstranten forderten Neuwahlen. Ouattara selbst flüchtete in das Haus der deutschen Botschafterin Karin Blumberger-Sauerteig. Blumberger-Sauerteig sagte, Ouattara sei in ihrer Residenz und dort fände ein sehr wichtiges Gespräch statt. Die Lage sei nicht gut.

Der ehemalige Premier war wie 13 weitere Kandidaten vom Obersten Gerichtshof von der Präsidentschaftswahl am Sonntag ausgeschlossen worden. Die Militärjunta hatte als einzige gewichtige Alternative zu ihrem Führer Robert Guei den Sozialisten Laurent Gbagbo zugelassen. Schon der Machtkampf zwischen Guei und Gbagbo hatte Abidjan eine turbulente Woche beschert. Bereits vor der Wahl hatte Gbagbo dem Putschgeneral Guei angekündigt, man werde ihn genauso wie Milosevic aus dem Amt jagen, wenn er dem Wählervotum nicht weichen werde. Genauso kam es auch. Erste Auszählungsergebnisse sahen Gbagbo am Montag als Wahlsieger, am Dienstag besetzten Soldaten die Büros der Wahlkommission und ein Juntamitglied erklärte General Guei zum "ersten Präsidenten der zweiten ivorischen Republik". Die eigenmächtige Übernahme des Amtes währte nur wenige Stunden. Tausende von aufgebrachten Bürgern zogen Mittwoch vor den Präsidentenpalast und forderten den Abgang von General Guei. Sowohl die Armeeführung als auch die Polizei hatte sich nach dem Volksaufstand auf die Seite Gbagbos geschlagen.

Einig ist das ivorische Volk zwar in der Ablehnung eines Militärs als Präsidenten, aber tief gespalten ist die Gesellschaft seit Jahren in der Frage, ob Oppositionsführer Alassane Ouattara das Land führen darf. Ouattara war einst Premier unter Staatsgründer Felix Houpouet-Boigny, und auch Funktionär beim Internationalen Weltwährungsfonds. Trotz seiner Weltläufigkeit gilt Ouattara als Mann des islamischen Nordens. Wegen seiner angeblich ausländischen Eltern, sie stammen aus Burkina Faso, wird er auch als Fürsprecher der Millionen Fremdarbeiter im Lande angesehen. In der wirtschaftlich florierenden Elfenbeinküste sind fast 40 Prozent der 15 Millionen Bürger Einwanderer aus Mali, Burkina Faso, Liberia oder Guinea.

Spricht man mit Bürgern im christlichen Süden der Elfenbeinküste, etwa in Abidjan, spürt man tiefe Abneigung gegen Ouattara. Manche kreiden ihm einfach an, dass er wegen seiner Ehegattin, einer Französin, nicht fürs Präsidentenamt geeignet sei, denn eine weiße "First Lady" sei undenkbar in Elfenbeinküste. Gestern entlud sich der Hass auf den Muslim Ouattara in Attacken auf Moscheen in Abidjan, Gendarmen schossen auf seine Residenz im Nobelviertel Cocody. Ouattara verlangte Neuwahlen mit einer "freien Auswahl" von Kandidaten noch vor Ende November und auch die Organisation für Afrikanische Einheit schloss sich dieser Forderung an, da das von General Guei veranstaltete Votum "illegitim" sei.

Der Sozialist Laurent Gbagbo, der sich als Wahlsieger vom Sonntag empfindet, hat bereits bei früherer Gelegenheit erklärt, er sehe Ouattara als nicht wählbar an. Gbagbo wird sich demnächst äußern müssen. Die Wahlkommission bestätigte inzwischen seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl. Gbagbo habe 59,36 Prozent der Stimmen erhalten, teilte der Präsident der Wahlkommission im staatlichen Fernsehen mit.

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