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Energiepolitik: Minsk stoppt Gaslieferungen

Einige EU-Staaten, auch Deutschland, werden zunehmend in den Konflikt zwischen Russland und Weißrussland gezogen, bei dem es um Lieferungen von Gas nach Zentraleuropa geht. Weißrusslands autoritärer Präsident Alexander Lukaschenko sagte , man steuere auf einen "Gas-Krieg" zu.

Berlin - Einige EU-Staaten, auch Deutschland, werden zunehmend in den Konflikt zwischen Russland und Weißrussland gezogen, bei dem es um Lieferungen von Gas nach Zentraleuropa geht. Weißrusslands autoritärer Präsident Alexander Lukaschenko sagte am Dienstag, man steuere auf einen „Gaskrieg“ zu. Er ordnete zugleich an, dass die Pipelines, die russisches Gas in die Europäische Union transportieren, unterbrochen werden.

Lukaschenko reagierte damit auf eine Ankündigung des russischen Gasmonopolisten Gazprom, nur noch 70 Prozent der üblichen Gasmenge in die Transitleitrung zu pumpen. Das solle Weißrussland dazu bewegen, Gasrechnungen in Höhe von 192 Millionen Dollar (155 Millionen Euro) zu begleichen. „Weißrussland hat in den vergangenen 24 Stunden nichts unternommen, um seine Schulden zu begleichen“, begründete Gazprom-Chef Alexej Miller diesen Schritt in einem Interview mit dem Nachrichtensender NTV, der seinem Konzern gehört. Miller handelte auf Anordnung des russischen Staatspräsidenten Dmitri Medwedew.

Vordergründig geht es in dem Konflikt um offene Rechnungen, deren Höhe sich in – für die Energiebranche – überschaubaren Größenordnungen bewegen. So bestätigte Weißrusslands Regierung zwar die Höhe von 192 Millionen Dollar, Lukaschenko betonte aber, er werde erst wieder Gas durch sein Land lassen, sobald die Russen ihrerseits Rechnungen für den Transit in Höhe von 260 Millionen bezahlt hätten. Man könne die beiden Summen miteinander verrechnen, wiederholte er. Gespräche darüber waren am Wochenende gescheitert.

Politische Beobachter führen die Eskalation aber auf andere Probleme zurück. So ließ Weißrussland zuletzt Gespräche über eine gemeinsame Zollunion mit Russland und Kasachstan platzen und bietet zudem dem entmachteten Präsidenten der Unruherepublik Kirgistan Schutz, während Moskau dort die neue Übergangsregierung stützt. Weißrussland hat sich in den vergangenen Jahren auch ökonomisch von Russland entfernt und versucht, sich enger an die EU zu binden – ähnlich wie es das noch wichtigere Transitland Ukraine unter der Vorgängerregierung tat. Dort kam es zuletzt im Januar 2009 zu einem Gasstreit, in dessen Folge es vor allem in den EU-Ländern Rumänien und Bulgarien zu drastischen Engpässen und Heizungsausfällen kam.

Damals wurden die EU-Behörden buchstäblich kalt erwischt. Am Dienstag gaben sich Brüssels Diplomaten noch betont gelassen. Man stelle fest, dass die Russen frühzeitig über mögliche Engpässe informiert hatten, hieß es bei der Kommission. Europa bezieht gut sechs Prozent seines Gases über Weißrussland, in Deutschland sind es etwa zehn Prozent. Die baltische Republik Litauen ist dagegen zu fast 100 Prozent von Transitgas aus Weißrussland abhängig – ebenso wie die russische Exklave Kaliningrad.

Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte, er rechne nicht mit einem akuten Versorgungsengpass in Deutschland. Jahreszeitlich bedingt sei der Verbrauch gering und die Speicher seien gut gefüllt. Bilaterale Probleme zwischen Weißrussland und Russland dürften aber nicht dazu führen, dass bestehende vertragliche Verpflichtungen gegenüber EU-Staaten nicht eingehalten würden, sagte Brüderle.

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