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Hutton

© AFP

Energietreffen: Staaten finden ihr Heil in der Atomenergie

Der Klimawandel und der hohe Ölpreis sorgen für eine Renaissance der Atomkraft. So setzen die G-8-Minister bei Treffen in Japan auch auf ein "neues Atomzeitalter". Deutschland steht mit seinem Atomausstieg fast allein auf weiter Flur da.

Angesichts der immer weiter steigenden Ölpreise und der Diskussion um Treibhausgasemissionen suchen führende Wirtschaftsmächte ihr Heil zunehmend in der Atomenergie. So schrieben auch die im nordjapanischen Aomori versammelten Energieminister der acht wichtigsten Energienationen (G-8) sowie Chinas, Indiens und Südkoreas am Sonntag in ihre offizielle Erklärung, eine wachsende Zahl von Staaten habe Interesse an Atomprogrammen geäußert. Deutschland steht in dieser Runde mit seinem Atomausstieg alleine da. Mit Rücksicht auf die Befindlichkeiten hierzulande fügten die G-8-Minister eine ergänzende Passage ein: Die Staaten verfolgten zur sicheren Energieversorgung und zum Klimaschutz verschiedene Wege, hieß es da.

"Wir befinden uns an der Schwelle eines neuen Atomzeitalters", sagte der für Energie zuständige britische Minister, John Hutton, bei dem Treffen, dessen elf Teilnehmerländer für rund zwei Drittel des weltweiten Energieverbrauchs verantwortlich sind. Für die Welt sei das "positiv", denn Atomenergie verursache wenige für die Klimaerwärmung verantwortliche Kohlenstoffdioxidemissionen, betonte der Brite. Genauso wie Großbritannien wollen auch die USA, Kanada und Italien mit dem Bau moderner Atomkraftwerke beginnen. Frankreich und Japan gehören sowieso seit langem zu den Verfechtern der Atomenergie.

Auch Italien unterstützt wieder die Atomkraft

Der kanadische Minister für natürliche Ressourcen, Gary Lunn, zeigte sich auf dem Treffen sicher, dass Atomenergie in den kommenden Jahren eine "sehr wichtige Rolle" spielen werde. Der südkoreanische Minister Lee Youn Ho pries Atomenergie vor dem Hintergrund der jüngsten Rekorde beim Ölpreis als "kosteneffiziente, stabile" Energiequelle. Und auch Italien unterstützt wieder die Atomkraft: Die im April gewählte Rechtsregierung von Ministerpräsident Silvio Berlusconi hatte im Wahlkampf angekündigt, wieder Atomkraftwerke bauen zu wollen. An sich hatten die Italiener schon 1987, ein Jahr nach dem schweren Reaktorunfall im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl, per Volksabstimmung den Atomausstieg beschlossen.

In Deutschland hingegen solle es kein Rütteln an dem im Jahr 2000 unter der Regierung von SPD und Grünen beschlossenen Atomausstieg geben, bekräftigt Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD). Demnach werden die letzten Atomkraftwerke bis 2020 nach und nach vom Netz gehen. Der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Jochen Homann, bekräftigte beim G-8-Treffen in Aomori dementsprechend die Entscheidung für den Atomausstieg. Es gebe Argumente für und gegen Nuklearenergie in Deutschland, sagte er. Ob es bis zum Ausstieg 2020 einen Stimmungsumschwung in der öffentlichen Meinung hin zu einer stärkeren Befürwortung der Atomenergie geben werde, könne er nicht vorhersagen.

Sigmar Gabriel: Mehr Atomkraftwerke  sind ein "Horrorszenario"

Ein Plädoyer für die Atomkraft hatte kurz vor dem G-8-Treffen auch schon die Internationale Energieagentur (IEA) abgegeben. In einer am Freitag in Tokio vorgestellten Studie sprach sich die Organisation für eine weltweite "Energierevolution" aus. Um den Ausstoß an Treibhausgasen bis 2050 halbieren zu können, sollten demnach neben tausenden Windkraftanlagen auch jährlich 32 neue Atomkraftwerke weltweit errichtet werden - das wären insgesamt über 1300 AKW. Das hielt US-Energieminister Samuel Bodman in Aomori für durchaus realistisch: "Wir stehen wirklich kurz vor einem sehr beträchtlichen Zuwachs in der Zahl von Atomkraftwerken." Sicherheitspolitisch ein "Horrorszenario", kommentierte in Berlin Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD).

Miwa Suzuki[AFP]

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