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Haushalt: "Es gibt nicht viel zu verschenken"

Steuern senken? Investieren? Haushalt konsolidieren? Die hohen Steuereinnahmen lösen in Berlin eine Diskussion aus, was man mit dem unerwarteten Geldsegen am besten anstellt. Koalitionspolitiker warnen vor zu viel Euphorie.

Berlin - Während die Opposition eine Entlastung der Steuerzahler forderte, beharrten Union und SPD auf einem Schuldenabbau. Sie warnten vor neuen Ausgabenwünschen der Ministerien. "Es geht nicht, dass man jetzt die Schleusen weiter aufmacht", sagte CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. Auch SPD-Fraktionschef Peter Struck hob hervor: "Es gibt nicht viel Geld zu verschenken." Der Bund der Steuerzahler plädierte dagegen in der "Bild"-Zeitung vom Dienstag dafür, den Soli-Zuschlag in diesem Jahr zu senken oder ganz abzuschaffen.

"Wir sind von einem ausgeglichenen Haushalt noch meilenweit entfernt", sagte Ramsauer. Zugleich schloss er eine deutlich niedrigere Neuverschuldung von "vielleicht 15 Milliarden Euro" nicht aus. Selbst dann müssten aber die Haushaltsrisiken beachtet werden, mahnte er. Die Bundesregierung rechnet nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" damit, dass für das laufende Jahr Kredite in einer Größenordnung von 15 Milliarden Euro reichen könnten. An anderer Stelle sei sogar von zwölf bis 15 Milliarden Euro die Rede. Im Haushaltsplan sind noch 19,6 Milliarden Euro für 2007 vorgesehen. Grund für die positive Entwicklung sind die unerwartet kräftig sprudelnden Steuereinnahmen, unter anderem wegen der guten Konjunktur und der Mehrwertsteuererhöhung.

"Neue Arbeitsplätze schaffen"

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle forderte angesichts dessen in der "Bild"-Zeitung: "Diese Steuermehrheinnahmen sollten der Schaffung neuer Arbeitsplätze durch niedrigere, einfachere und gerechtere Steuern dienen." Auch die Grünen-Haushaltsexpertin Anja Hajduk verlangte, die Mehreinnahmen zur weiteren Senkung der Lohnnebenkosten zu verwenden. Die SPD wies das zurück: Es sei "absolut richtig", zunächst die Haushaltskonsolidierung fortzusetzen, sagte Struck. Er verwies zudem auf Zusatzausgaben im kommenden Haushalt beispielsweise für die gesetzliche Krankenversicherung oder die Entwicklungshilfe.

Die erwarteten Steuermehreinnahmen sollen nach den Willen der Links-Fraktion zur Entlastung von Facharbeitern genutzt werden. Derzeit zahlten Facharbeiter "mit etwas höheren Arbeitnehmer-Einkommen" überproportional hohe Steuern, kritisierte Links-Fraktionschef Oskar Lafontaine. Daher schlage seine Fraktion vor, den "Mittelstandsbauch im Steuertarif abzuschaffen". Zur Gegenfinanzierung der Facharbeiter-Entlastung schlage seine Fraktion eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent vor, fügte Lafontaine hinzu. Bei prognostizierten Steuermehreinnahmen von 15 Milliarden Euro könnten die Facharbeiter aber auch ohne einen solchen Schritt entlastet werden.

"Der Haushalt bleibt defizitär"

SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider erklärte: "Der Bundeshaushalt bleibt trotz zusätzlicher Steuereinnahmen hoch defizitär." Von möglichen und erhofften Steuermehreinnahmen von netto 13 Milliarden Euro würden nach Abzug der Mehrbelastungen - noch nicht finanzierte Belastungen wie die Zuschüsse an die gesetzlichen Krankenkassen, höhere Ausgaben für die Entwicklungshilfe oder Unterkunftskosten von Langzeitarbeitslosen - noch drei Milliarden verbleiben. Für 2008 bestehe nach bisheriger Planung eine Finanzierungslücke von 34,2 Milliarden. Diese Lücke könnte sich nun rechnerisch auf rund 31 Milliarden Euro reduzieren. "Das ist alles."

Vor diesem Hintergrund will sich Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) an diesem Freitag bei einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Franz Müntefering (SPD) sowie Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) Rückendeckung für einen Konsolidierungskurs holen.

Die Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks (SPD), kritisierte die Forderungen des Bunds der Steuerzahler. Sonst verweise die Organisation stets mahnend auf die steigenden Schulden. Jetzt laufe die Schuldenuhr bloß mal "ein bisschen weniger schnell", meinte Hendricks. Der Bund der Steuerzahler solle sich mal entscheiden, welche Argumentation er wolle. (tso/AFP/ddp/dpa)

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