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Politik: Es lebe der König

Am heutigen Montag beginnt der Parteitag der US-Demokraten – die Krönungszeremonie für Kerry

Der König wird gekrönt. Das ist wohl die beste Beschreibung für eine „convention“. Es ist nicht allein die Zusammenkunft einer Partei, sondern vor allem die Inthronisierung ihres Spitzenkandidaten. John Kerry tritt in diesem Jahr für die amerikanischen Demokraten als Präsidentschaftskandidat an. Heute beginnt in Boston deren Parteitag. Vier Tage dauert das Spektakel. Kerry selbst trifft erst am Mittwoch in seiner Heimatstadt ein. Das soll die Spannung erhöhen. Ein Star darf nicht ständig verfügbar sein. Am Ende werden ihm die 5000 Delegierten, beobachtet von 15 000 Journalisten und 15 000 Lobbyisten, das Zepter aufsetzen.

Eine Partei feiert sich selbst, macht sich Mut, spornt sich an. Auch ein Programm wird verabschiedet. Das freilich ist ausgewogen bis zur Schwammigkeit. Kerry und sein Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten, John Edwards, etwa haben als Senatoren für den Irakkrieg gestimmt. Bis heute stehen sie zu ihrem Votum. Die große Mehrheit der Demokraten indes lehnt den Krieg ab. Also wurde eine Formulierung gefunden, die beiden Lagern bestätigt, aus „ehrenhaften Motiven zu unterschiedlichen Schlüssen“ gekommen zu sein. Keiner soll verprellt werden. Selbst Energieverschwender, die im Stadtverkehr riesige Geländewagen benutzen, werden umarmt. „Wir unterstützen die Freiheit der Amerikaner, ein Auto ihrer Wahl zu fahren.“

Krönungszeremonien sind archaisch. Wie verträgt sich das mit dem Image der Demokraten, die Partei der Frauen zu sein? Seinen ersten Skandal hatte der Parteitag, als man bemerkte, dass Hillary Clinton, der heimliche Star der Demokraten, nicht als Rednerin vorgesehen war. Diverse Frauenverbände protestierten. Rasch wurde der Fehler korrigiert. Jetzt darf Hillary am Montag ihren Ehemann Bill bei dessen Auftritt präsentieren.

Knapp ein Fünftel aller demokratischen US-Senatoren sind Frauen sowie knapp ein Fünftel aller Demokraten im Repräsentantenhaus – aber etwa die Hälfte der Parteitags-Delegierten. Wann immer sich die Gelegenheit bietet, sollen in Boston möglichst viele Frauen ins Rampenlicht treten. Gleich am Eröffnungsabend werden alle neun weiblichen US-Senatoren der Demokraten gemeinsam auf die Bühne gehen. Am Donnerstag werden alle 42 weiblichen Abgeordneten dasselbe tun. Besonders geehrt wird die schwarze Bürgerrechtlerin Fannie Lou Hamer. Michigans Gouverneurin Jennifer Granholm soll am Mittwoch eine der Hauptrednerinnen sein. Am Donnerstag sprechen Ex-Außenministerin Madeleine Albright und die Chefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi. Speziell präsentiert werden die First Ladies in spe, Teresa Heinz-Kerry und Elizabeth Edwards.

Natürlich kostet eine Krönung viel Geld. Erst waren 75 Millionen Dollar veranschlagt worden, die jüngsten Schätzungen liegen bei 95 Millionen. Mehr als die Hälfte davon verschlingen die Sicherheitsvorkehrungen. Die Innenstadt von Boston gleicht einer Festung. Auf dem Charles River patrouilliert die Küstenwache. Acht F-16-Kampfjets überwachen den Luftraum. Kerry freilich kann sich doppelt trösten: Von seiner Villa kann er zu Fuß zum Fleet Center gelangen.

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