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Politik: EU gegen Betrug: Ein Deutscher an der Spitze der Kontrolleure

Eigentlich sei er kein misstrauischer Mensch, sagt Franz-Hermann Brüner. "Solange noch nichts bewiesen ist, vertraue ich den Leuten", sagt der 54-jährige Jurist, der seit dem Frühjahr an der Spitze des neuen EU-Amts zur Betrugsbekämpfung namens "Olaf" steht.

Eigentlich sei er kein misstrauischer Mensch, sagt Franz-Hermann Brüner. "Solange noch nichts bewiesen ist, vertraue ich den Leuten", sagt der 54-jährige Jurist, der seit dem Frühjahr an der Spitze des neuen EU-Amts zur Betrugsbekämpfung namens "Olaf" steht. Im sechsten Stock des etwas abgelegenen Brüsseler Bürokomplexes Beaulieu öffnen sich die Türen zu "Olaf" nur nach Anmeldung und optischer Überprüfung des Besuchers. Die Truppe der Kontrolleure führt in der Brüsseler Behörde ganz bewusst ein Eigenleben - unabhängig und getrennt von denen, die sie kontrollieren sollen.

Als Brüner im März des Jahres sein Amt antrat, war ihm das Brüsseler Umfeld zwar neu, nicht aber die Aufgabe, die auf ihn wartete. Er gilt als hochgradiger Spezialist für die Aufklärung und Bekämpfung von Betrug, Korruption und organisierter Wirtschaftskriminalität. Schon als er beim Amtsgericht im oberbayrischen Weilheim und später als Staatsanwalt in München juristische Praxiserfahrungen sammelte, wurde er auf die Wirtschaftsfälle, auf Steuerhinterziehungen, betrügerischen Konkurs und Korruptionsfälle angesetzt. "Weil ich die Bilanzen lesen konnte, war man froh, mir die Wirtschaftsfälle übertragen zu können", sagt er. Dass er beim Studium zweigleisig vorgegangen war, Jura und Wirtschaft studiert hatte, und in beiden Materien zu Hause ist, bewährte sich nun auf der Karriereleiter, die über das Bonner Justizministerium nach Berlin, mitten in die Aufarbeitung der DDR-Verbrechen und der Vereinigungskriminalität führte.

In den vergangenen zwei Jahren hat er in Sarajevo im Auftrag der internationalen Staatengemeinschaft eine Betrugsbekämpfungseinheit aufgebaut und geleitet. "In Bosnien ist die Korruption Teil des Systems", hat Brüner sehr schnell festgestellt. Im Laufe seiner Karriere hat er als Staatsanwalt und Richter alle Varianten der Wirtschaftskriminalität, einschließlich der Grauzone zwischen Schlitzohrigkeit und raffiniert verstecktem Gesetzesbruch, kennen gelernt. In Deutschlands Amtsstuben und auch in Brüssel sei Bestechung und Betrug jedoch nicht der Normalfall, meint er. "Hier gilt eher die alte Regel: Gelegenheit macht Diebe - und auch Betrüger."

Der oberste EU-Betrugsbekämpfer soll deshalb nicht nur europaweit die Verwendung der EU-Gelder kontrollieren und Licht in zwielichtige Affären bringen, wo immer "Olaf" sie auch ausmacht. Brüner soll auch - und das ist das vielleicht wichtigste Ziel - dazu beitragen, dass die Anfälligkeit des gesamten Systems für Betrug verringert wird. Der EU-Haushalt sei zwar deutlich kleiner, aber weniger festgelegt als die nationalen Haushalte. Er eröffne deshalb größere Chancen für Missbrauch, erklären die Kontrolleure von "Olaf". Die Höhe der EU-Agrarsubventionen zum Beispiel bemisst sich aufgrund von Angaben, die die Bauern selbst über ihre Stilllegungsflächen, Kälberzahl oder Olivenbäume machen. Eigentlich ist es Sache der örtlichen Landwirtschaftsämter, die Subventionsanträge auf ihre Richtigkeit zu prüfen. "Olaf" wird jedoch die Kontrolleure kontrollieren müssen, damit nicht doch Augen zugedrückt werden, und eine Hand die andere wäscht. Die "Olaf"-Beamten werden deshalb Stichproben vor allem in den Amtsstuben der Mitgliedsländer machen müssen.

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