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Politik: EU-Gipfel legt Pause bei Verfassung ein – und streitet ums Geld Staats- und Regierungschefs wollen intensiv beraten Merkel wirft Rot-Grün Mitschuld an Krise vor

Brüssel/Berlin - Nach dem Nein zur EU- Verfassung in Frankreich und in den Niederlanden hat sich die Europäische Union eine Denkpause verordnet. Nach Angaben der luxemburgischen EU-Präsidentschaft sprach sich die Mehrheit der 25 Staats- und Regierungschefs beim Gipfel am Donnerstagabend in Brüssel dafür aus, den Prozess zur Ratifizierung der EU- Verfassung zu verlängern.

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Brüssel/Berlin - Nach dem Nein zur EU- Verfassung in Frankreich und in den Niederlanden hat sich die Europäische Union eine Denkpause verordnet. Nach Angaben der luxemburgischen EU-Präsidentschaft sprach sich die Mehrheit der 25 Staats- und Regierungschefs beim Gipfel am Donnerstagabend in Brüssel dafür aus, den Prozess zur Ratifizierung der EU- Verfassung zu verlängern. Ursprünglich war ein Ende des Ratifizierungsprozesses im November 2006 vorgesehen gewesen.

Unklar war zunächst, wie lange die Denkpause dauern soll. Bundeskanzler Gerhard Schröder forderte eine Zwischenbilanz im kommenden Frühjahr, Frankreichs Präsident Jacques Chirac einen Sondergipfel zur Zukunft Europas. Die konservativen EU-Regierungschefs schlugen bei einem Treffen bei Brüssel vor, eine einjährige Ratifizierungs-Pause einzulegen.

Beim Streit um die EU-Finanzen zeichnete sich am ersten Tag des Gipfels keine Lösung ab. „Ich glaube nicht, dass wir beim Haushalt zu einer Einigung kommen werden“, sagte Schwedens Regierungschef Göran Persson zum Auftakt. Schweden gehört zu den so genannten Nettozahlern, die mehr in die EU-Kasse einzahlen, als sie herausbekommen. Der britische Regierungschef Tony Blair lehnte seinerseits ein Einfrieren des Briten-Rabatts ab, der die Londoner Zahlungen in die EU- Kasse mindert. Blair will über den Rabatt nur dann verhandeln, wenn der große Anteil der Agrarpolitik am EU-Haushalt grundsätzlich in Frage gestellt wird. Anders als Großbritannien profitiert Frankreich stark von den EU-Agrarbeihilfen.

Zum Streit über die Finanzen sagte Persson, er könne den Kompromissvorschlag der luxemburgischen EU-Ratspräsidentschaft nicht akzeptieren. Da sei er auf einer Linie mit den Holländern. Auch die Niederlande und Spanien lehnten den Vorschlag ab. Kanzler Schröder hatte sich bereits vor dem Gipfel skeptisch zu den Einigungschancen im Finanzstreit geäußert. Er habe nur wenig Hoffnung auf einen Durchbruch, sagte er in einer Regierungserklärung. Schröder bezeichnete die Haltung Londons als „Dreh- und Angelpunkt“ des Streits über die EU-Finanzierung der Jahre 2007 bis 2013. Für den Briten-Rabatt gebe es „überhaupt keine wirkliche Rechtfertigung mehr“. Der Kanzler betonte, Deutschland sei einigungsbereit, ein Kompromiss dürfe aber „die finanzielle Leistungsfähigkeit Deutschlands nicht übersteigen“. Die europäische Integration müsse auch in der aktuellen Krise durch Erweiterung fortgesetzt werden. Dies gelte auch mit Blick auf die Türkei. Er warnte davor, den Prozess der europäischen Verfassungsgebung schon für gescheitert zu erklären.

CDU-Chefin Angela Merkel warf Rot- Grün vor, die Regierung trage eine Mitschuld am schlechten Zustand der EU. In ihrer ersten Bundestagsrede als Kanzlerkandidatin verlangte sie einen Kurswechsel in der Europapolitik, die Konzentration auf die Förderung des Wirtschaftswachstums sowie ein Eingehen auf die „Sorgen und Ängste“ der Bürger. Vom Brüsseler Treffen müsse ein Signal ausgehen, dass die EU die Sorgen der Bürger ernst nehme. „Ein einfaches Weiter-so wird Europa zerstören.“ Dies gelte besonders für die EU-Erweiterung. Merkel wiederholte ihre Absage an eine Vollmitgliedschaft der Türkei und sprach sich für eine privilegierte Partnerschaft aus. Schröder und SPD-Chef Franz Müntefering hielten ihrerseits der Union vor, sie wolle auf populistische Weise aus der Krise der EU innenpolitische Vorteile erlangen.

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