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Politik: EU stellt Deutschland ein Ultimatum

Regierung muss bis Mai Gesetze gegen das Haushaltsdefizit vorlegen / Kommission zweifelt an Etatprognose

Die Bundesregierung gerät immer mehr unter Druck, die übermäßige öffentliche Verschuldung zu stoppen und die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen. Am Mittwoch setzte die EU-Kommission der Berliner Regierung eine Frist bis zum 21. Mai dieses Jahres, um einen Plan zur Sanierung der öffentlichen Haushalte vorzulegen. ,,Die deutsche Regierung muss entsprechende Entscheidungen fällen und auch entschlossen umsetzen“, erklärte EU-Finanzkommissar Pedro Solbes in Brüssel. ,,Wir wollen im Mai wissen, wie es mit den Ankündigungen Berlins steht und ob dann rechtsverbindliche Maßnahmen getroffen sind.“

Das Stabilitätsprogramm für den Zeitraum 2002 bis 2006, das Bundesfinanzminister Hans Eichel inzwischen in Brüssel vorgelegt hat, sei ,,nicht völlig unrealistisch“, sagte Solbes am Mittwoch. Die Wirtschafts- und Finanzexperten in Brüssel halten die Voraussetzungen, von denen Berlin beim geplanten Schuldenabbau ausgeht, jedoch für reichlich optimistisch. Das Risiko sei groß, dass die Neuverschuldung auch in diesem Jahr mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrage und Deutschland damit im zweiten Jahr in Folge die Regeln des EU-Stabilitätsvertrags breche. Bei ihrem Stabilitätsprogramm geht die Bundesregierung nämlich davon aus, dass die Wirtschaftstätigkeit in Deutschland in diesem Jahr um 1,5 Prozent wachsen wird.

Die Bundesregierung versprach, der Aufforderung aus Brüssel nachzukommen. Mit dem Hartz-Konzept sei ein Anfang gemacht worden, weitere Schritte zur Neuordnung des Sozialsystems folgten noch dieses Jahr, betonte das Finanzministerium. Minister Eichel hofft, dass das Staatsdefizit von 3,75 Prozent des Bruttoinlandsproduktes im Jahr 2002 im laufenden Jahr wieder unter die Drei-Prozent-Grenze auf 2,75 Prozent sinken wird. In Brüssel hat man jedoch Zweifel, ob dies gelingen wird. Außerdem rechnet man in Brüssel mit einem geringeren Wachstum.

EU-Kommissar Solbes fordert die Bundesregierung deshalb auf, ,,erforderlichenfalls weitere Haushaltsmaßnahmen zu verabschieden“. In Brüssel ist man sich allerdings auch des Risikos bewusst, das von weiteren Sparmaßnahmen auf die ohnehin kränkelnde Konjunktur ausgeht. Erst vor wenigen Tagen hatten Wirtschaftswissenschaftler in Deutschland eine Lockerung der Stabilitätspolitik gefordert. Um die gemeinsame Währung nicht zu gefährden, hält EU-Kommissar Solbes jedoch strikt an der Drei-Prozent-Obergrenze für die Staatsverschuldung fest.

Der EU-Finanzkommissar lehnte es am Mittwoch ab, den in Deutschland schon öffentlich debattierten Vorschlag zu einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zu kommentieren. ,,Es ist immer besser, Ausgaben zu verringern als Steuern zu erhöhen“, sagte Solbes lediglich.

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