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Politik: Europa: Viel Ja und etwas Aber

Bundestag stimmt mit deutlich mehr als zwei Dritteln für die EU-Verfassung

Berlin - Der Bundestag hat am Donnerstag mit großer Mehrheit die EU-Verfassung angenommen. Bei der Debatte hatten zahlreiche Redner zuvor allerdings auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, den Bürgern die EU künftig besser zu erklären. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, dass die Verfassung in der Tradition eines Europa stehe, „das seine Lehren aus der leidvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts gezogen hat“.

569 Abgeordnete stimmten mit Ja, 23 lehnten die EU-Verfassung ab, zwei SPD-Abgeordnete enthielten sich. Damit lag die Zustimmung weit über der nötigen Zweidrittelmehrheit von 401 Stimmen. Die Gegenstimmen kamen überwiegend aus den Reihen der CDU/CSU. 80 Abgeordnete gaben persönliche Erklärungen ab, in denen sie ihre Bedenken gegen Einzelpunkte der Verfassung festhielten.

Mit der Zustimmung des Bundestages nimmt das Vertragswerk eine weitere Hürde. Am 27. Mai ist das Votum des Bundesrates vorgesehen, dessen Zustimmung als sicher gilt. Zwei Tage später stimmen die Franzosen über den Text ab. Der Ausgang dieses Referendums ist offen. Die EU-Verfassung, mit deren Hilfe die Strukturen in der Europäischen Union vereinfacht werden sollen, muss in allen 25 Mitgliedstaaten angenommen werden, bevor sie in Kraft treten kann.

Kanzler Schröder sagte, der Verfassungstext sei ein „guter und fairer Kompromiss“. Gleichzeitig sprach er sich für eine verstärkte Zusammenarbeit der Europäer bei der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik aus. Eine Vertiefung der Kooperation müsse es auch bei der europäischen Ausländer- und Zuwanderungspolitik geben, erklärte Schröder weiter.

CDU-Chefin Angela Merkel sprach sich ebenfalls für den Vertragstext aus. Allerdings kritisierte sie den fehlenden Gottesbezug. Europa müsse sich mit seinen „geistigen Grundlagen“ befassen, erklärte Merkel. Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber bezeichnete die Verfassung als „Baustein im großen europäischen Friedenswerk“, bemängelte aber, dass die EU nicht auf genügend Akzeptanz bei den Bürgern stoße.

In einer kämpferischen Rede warnte Außenminister Joschka Fischer (Grüne) die Opposition davor, die EU-Verfassung in „kleine populistische Wahlkampfmünze“ umzutauschen. Mit Blick auf die Probleme auf dem deutschen Arbeitsmarkt sagte er: „All das ist nicht die Konsequenz der Erweiterung der EU, sondern des Falls von Mauer und Stacheldraht.“

Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac begrüßte die Zustimmung des Bundestages. Die Abgeordneten in Berlin hätten „ein weiteres Mal ihre Verbundenheit mit dem europäischen Aufbau bewiesen“, erklärte der Staatschef am Donnerstagabend.

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