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Zwei Botschaften, die eine kraftvoll, die andere demütig: Rumäniens Ministerpräsident Victor Ponta am Donnerstag in Brüssel.

© AFP

Europäische Union: Der Bukarester Ministerpräsident Ponta ist in Brüssel ein ungern gesehener Gast

Rumäniens Ministerpräsident Victor Ponta verteidigt in Brüssel das abgekartete Spiel in Bukarest. Dort wird er streng ermahnt.

Victor Ponta, Rumäniens junger Ministerpräsident, besucht Brüssel mit zwei Botschaften im Gepäck. Die erste Ansage klingt kraftvoll. „Ich bin hier, um unseren Freunden und Partnern in Europa zu versichern, dass Rumänien ein europäisches, demokratisches Land ist und bleibt“, sagt der Mitte Mai zum Premier gewählte Sozialist. Der interne Streit im Lande werde „nach verfassungsgemäßen und demokratischen Regeln“ ausgetragen. Die zweite Botschaft aber kommt demütig daher. „Wenn die EU-Kommission Änderungen anmahnt“, so Ponta vor dem Besuch bei Kommissionspräsident José Manuel Barroso empfangen wird, „werde ich mich dafür einsetzen.“

Es ist ein Einlenken, da in Barrosos Behörde auch an diesem Donnerstag sehr wohl eine Änderung der Politik in Bukarest angemahnt wird. Den Ton vorgegeben hatte vor Wochenfrist die Kommission, die über die Einhaltung der EU-Verträge wacht. Sie sei „besorgt über die jüngsten Entwicklungen in Rumänien, vor allem über Maßnahmen, die offensichtlich die Befugnisse unabhängiger Institutionen wie dem Verfassungsgericht einschränken“. Stärker ins Detail ging es dann am Mittwoch zwischen EU-Justizkommissarin Viviane Reding und dem rumänischen Fachminister Titus Corlatean, die das Treffen ihrer Chefs vorbereiteten: Der Rumäne soll darauf verwiesen haben, formaljuristisch „alles richtig gemacht“ zu haben, worauf Reding einer Diplomatin zufolge antwortete, man müsse „das Gesamtbild anschauen“.

Das stellt sich der EU-Kommission als abgekartetes Spiel dar: Nach der Absetzung von Präsident Traian Basescu wird dem Verfassungsgericht per Notverordnung untersagt, den entsprechenden Parlamentsbeschluss zu prüfen. Damit beauftragen kann es nur ein Ombudsmann, der aber gefeuert wurde. Im Gespräch mit Ponta fordert Barroso daher, dem Gericht wieder zu Geltung zu verhelfen und einen weithin akzeptierten Ombudsmann zu berufen. „Ohne verlässliche Zusagen und konkrete Handlungen der rumänischen Regierung hinsichtlich der Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit“, so Reding tags zuvor, „könnte das Land bei der EU-Integration Jahre verlieren“.

Hinter der Aussage steckt der Kooperations- und Überprüfungsmechanismus – das Instrument, mit dem der meiste Druck ausgeübt wird. Da es beim EU-Beitritt Rumäniens 2007 noch Vorbehalte im Justizbereich gab, wies man Brüssel im Beitrittsvertrag eine zusätzliche Aufpasserrolle zu. Zufall ist, dass am Mittwoch der Bericht ins Haus steht. So wie Reding wird auch Barroso seinem Gegenüber klargemacht haben, dass ein negatives Urteil „Munition“ für jene wäre, die Rumänien dauerhaft aus dem Schengenraum des freien Reiseverkehrs heraushalten wollen. Auch die Sonderbewachung könne verlängert werden müssen.

Das ist ein starker Hebel. Barrosos Sprecherin schließt dennoch ein Vertragsverletzungsverfahren, wie es gegen Ungarns ebenfalls autokratisch agierende Regierung angewandt wurde, nicht aus. Auf das eigentliche Rechtsinstrument für solche Fälle verweist der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok, der in Rumänien einen „Staatsstreich“ sieht: Es ist Artikel 7, wonach mindestens vier Fünftel der Mitgliedstaaten eine drohende oder tatsächliche Verletzung der gemeinschaftlichen Werte feststellen können. Das kann bis zum Stimmverlust im Ministerrat führen.

Davor aber schreckt das politische Brüssel zurück. Der Grund dafür ist auch parteipolitischer Natur. Sozialdemokraten werfen Christdemokraten im Europaparlament vor, sich schützend vor ihr Mitglied Basescu zu stellen, dessen Tochter Elena zudem Europaabgeordnete ist und „im Maybach durch Brüssel kutschiert wird“, wie Genossen lästern. Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) stellt klar, dass er Ponta als „Freund“ empfange, aber mit Notverordnungen keine Politik gemacht werden könne. Und so hat neben Barrosos Drohungen wohl auch die Rüge des Parteifreunds Ponta zum Umdenken bewogen. Der hat angekündigt, das Parlament solle die Entscheidungen nachträglich legitimieren.

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