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Politik: Experten der Union gegen weitere Mindestlöhne

Politiker aus CDU und CSU warnen vor dem Beispiel in der Postbranche. Die SPD dagegen fordert Vertragstreue ihrer Koalitionspartner.

Nach der Ankündigung von Entlassungen beim Postdienstleister Pin warnen Wirtschaftsexperten der Union davor, Mindestlöhne in weiteren Branchen einzuführen. „Die Union sollte nicht mitmachen, wenn es um die Vernichtung von Arbeitsplätzen geht“, sagte Hartmut Schauerte (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. „Die SPD will den Post-Mindestlohn als Dammbruch nutzen, um in Deutschland ganz breit Mindestlöhne einzuführen.“

Pin hatte angekündigt, wegen der Einigung der Koalition auf Mindestlöhne für Briefdienstleister von bis zu 9,80 Euro mehr als 1000 Mitarbeiter zu entlassen. In der Union rechnet man damit, dass bei der Bundestagsentscheidung über die Post-Mindestlöhne rund 20 Abgeordnete mit Nein stimmen könnten. Der Mittelstandspolitiker Michael Fuchs, Vorsitzender des 130-köpfigen Parlamentskreises Mittelstand, hatte bereits angekündigt, dass er den Beschluss der großen Koalition nicht mittragen wird. Auch der Vizevorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Hans Michelbach (CSU), sagt: „Ich werde natürlich nicht zustimmen. Da müsste ich mich so verbiegen, das kann ich nicht machen.“ Der finanzpolitische Sprecher der Union, Otto Bernhard, kritisierte, der Mindestlohn für die Post werde Arbeitsplätze vernichten und ließ seine Zustimmung noch offen. Der CDU-Abgeordnete und Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder sagte, er werde dem Gesetz „allein aus Loyalität gegenüber dem Fraktionschef“ zustimmen.

Fraktionsvize Michael Meister sagte allerdings, aus dem Mindestlohn dürfe man keine Rückschlüsse auf andere Branchen ziehen: „Das Beispiel wird nicht Schule machen.“ Schließlich habe in dem Fall die Post ein Interesse gehabt, einen möglichst hohen Mindestlohn zu vereinbaren, um die Wettbewerber fernzuhalten. Dies sei in anderen Branchen nicht zu erwarten. Auch CDU-Wirtschaftspolitiker Laurenz Meyer sagte, der zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelte Post-Mindestlohn sei untypisch. „Ziel des Tarifvertrags war, für weniger Wettbewerb zu sorgen“, sagt Meyer. Meister bedauerte den angekündigten Stellenabbau bei Pin. Er forderte den Postdienstleister auf, das Geschäftsmodell noch einmal zu modifizieren.

Die SPD besteht darauf, dass nach den Gebäudereinigern und den Briefdienstleistern weitere Branchen ins Entsendegesetz aufgenommen werden. „Wir haben eine klare Verabredung. Ich habe keinen Zweifel, dass die Union vertragstreu sein wird“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Arbeitsministerium, Klaus Brandner. SPD und Union hatten vereinbart, dass sich weitere Tarifvertragsparteien bis Ende März bei der Bundesregierung um eine Aufnahme ins Entsendegesetz – und damit für die Einführung von Mindestlöhnen – bewerben können. Kanzlerin Angela Merkel hatte auf dem CDU-Parteitag bekräftigt, dass die Regierung diese Anträge prüfen werde.

Laut Entsendegesetz aus dem Jahr 1996 können in bestimmten Branchen durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Mindeststandards für Arbeitsbedingungen festgelegt werden. Die zwingenden Arbeitsbedingungen müssen in einem allgemeinverbindlichen oder durch Rechtsverordnung dazu erklärten Tarifvertrag festgelegt werden. Sie beziehen sich vor allem auf Lohn, Urlaubsanspruch und Beiträge zu einer Urlaubskasse. In Deutschland gelten bislang im Baugewerbe und bei der Gebäudereinigung branchenspezifische Mindestlöhne. In der Baubranche liegen die Mindestlöhne derzeit für einen Facharbeiter wie Maurer oder Betonbauer bei 12,50 Euro (West) und 9,80 Euro (Ost). Für die 850 000 Beschäftigten im Bereich Gebäudereinigung gelten Mindestlöhne von 7,87 Euro (West) und 6,36 Euro (Ost) pro Stunde. Eine Erweiterung des Entsendegesetzes um die Wirtschaftszweige Zeitarbeit, Gartenbau, Fleischereigewerbe, Sicherheitsdienste, die Friseurbranche sowie das Entsorgungsgewerbe ist im Gespräch.

Im Bereich Zeitarbeit wären nach Schätzungen von Verdi rund 800 000 Beschäftige von einer solchen Regelung betroffen. Für die mehr als 400 000 Beschäftigten der Branche Gartenbau gelten Landestarife. So verdient ein Gärtner im Norden Deutschlands derzeit 10,33 Euro pro Stunde. Im Fleischereigewerbe existieren dagegen kaum flächendeckende Tarifverträge. Nach Angaben der Hans-Böckler- Stiftung verdient ein gelernter Fleischer in Nordrhein-Westfalen im Schnitt derzeit 10,29 Euro pro Stunde.

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