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Politik: FDP-Führung auf Oppositionskurs Lindner distanziert sich von Atombeschluss Fraktion droht Regierung Union: Abwegiges Vorgehen

Berlin - Einen Tag nach dem Kabinettsbeschluss zankt die Koalition schon wieder über die eigene Atomwende. FDP-Generalsekretär Christian Lindner ging am Dienstag auf Distanz zu den Vereinbarungen.

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Berlin - Einen Tag nach dem Kabinettsbeschluss zankt die Koalition schon wieder über die eigene Atomwende. FDP-Generalsekretär Christian Lindner ging am Dienstag auf Distanz zu den Vereinbarungen. Die FDP habe eine Reihe von nicht marktwirtschaftlichen Instrumenten „aus Gründen der Koalitionsräson“ akzeptieren müssen, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Dies sei „nicht FDP-Politik pur“. CDU-Chefin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer hätten Bedenken wegen drohender Schadenersatzansprüche der Stromkonzerne für unbegründet gehalten. „Deshalb liegt die politische Verantwortung bei Merkel und Seehofer“, sagte er.

Lindner reagierte mit der öffentlichen Distanzierung offenkundig auf Berichte, dass sein Parteichef Philipp Rösler bei der letzten Koalitionsrunde am vorigen Freitag mit dem Versuch gescheitert war, den Atomausstieg um ein Jahr hinauszuschieben und auf die Abschaltung in Stufen zu verzichten. Aus den Reihen der Stromkonzerne wurde am Dienstag der Ruf nach Nachbesserungen am Atomkonsens laut.

Die Union reagierte befremdet auf die Attacke. „Mein Verständnis von Koalition ist das nicht“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Gemeinsame Beschlüsse müssten auch gemeinsam getragen werden. Sie habe aber die Hoffnung „nicht aufgegeben“, dass diese Koalition erfolgreich arbeite. Der Fraktionsgeschäftsführer der Union, Peter Altmaier, wertete Lindners Vorgehen als „abwegig“. Solche Diskussionen „führen nur in die Wildnis“, sagte er.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle versuchte hinterher den Eindruck zu zerstreuen, dass die FDP im Atomstreit der Union unterlegen ist. Netzstabilität, bezahlbare Preise und der Fortbestand der Brennelementesteuer seien wichtige liberale Anliegen gewesen. Dass sich eine Partei in einer Koalition nicht vollständig durchsetzen könne, sei ganz normal.

Fraktionsvize Patrick Döring wiederum sah „die Gefahr, dass die Atomdebatte auch Auswirkungen auf die Mehrheitsfindung in der Koalition bei anderen Themen hat, wie beispielsweise die Gesetze zum dauerhaften Euro-Rettungsschirm und die Griechenlandhilfen“.

In der FDP sind nach Dörings Angaben derzeit fünf Abgeordnete unentschieden, ob sie dem Atompaket zustimmen. In der Union gab es acht Neinstimmen und acht Enthaltungen. Hasselfeldt zeigte sich aber sicher, dass der Widerstand in den entscheidenden Abstimmungen deutlich geringer ausfällt.

Der Chef des RWE-Konzerns, Jürgen Großmann, forderte in einem Schreiben an Bundeskanzlerin Merkel, den RWE-Atomreaktor Gundremmingen B erst 2021 abzuschalten und nicht schon im Jahr 2017. Andernfalls könne RWE nicht alle Reststrommengen verbrauchen, die aus seinen bereits jetzt stillgelegten Reaktoren Biblis A und B sowie aus dem Akw Mülheim-Kärlich anfielen. Großmann warnte Merkel davor, „einzelne Akteure“ zu benachteiligen, und drohte indirekt mit Klage auf „Schutz dieser grundrechtlich geschützten Position“. Vattenfall-Chef Oestein Loeset forderte in Stockholm eine „faire Entschädigung“. Das abgeschaltete Akw Krümmel dürfe bei den Reststrommengen nicht schlechter gestellt werden als neuere Reaktoren.

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