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Politik: Feiner Staub und leere Kassen

Im Umweltausschuss wollten Bund und Länder beweisen, dass sie das Gesundheitsproblem ernst nehmen

Berlin - Eigentlich haben sie sechs Jahre „Realitätsverweigerung“ (Reinhard Loske, Vizechef der grünen Bundestagsfraktion) vergessen machen wollen. Doch dann haben Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) und seine Kollegen Werner Schnappauf (CSU) aus Bayern und Bärbel Höhn (Grüne) aus Nordrhein-Westfalen im Umweltausschuss erst einmal ausgiebig ihren Einsatz gegen den Feinstaub gerühmt.

Das Staubaufkommen aus der Industrie sei über die Bundes-Immissionsschutz- Verordnung (BImschV) längst im Griff, und überhaupt habe der Bund den Ländern alle rechtlichen Instrumente an die Hand gegeben, meinte Trittin. Dagegen stellte Schnappauf heraus, dass die Länder-Umweltminister schon im Jahr 2001 gefordert haben, den Einbau von Rußpartikelfiltern in Dieselautos steuerlich zu fördern. Und obwohl alle schworen, sie wollten die Vergangenheit ruhen und das Schwarze-Peter-Spiel sein lassen, setzten sie genau das fort. Was vielleicht erklärt, warum der EU-Grenzwert für Feinstäube von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Tagesmittel in Stuttgart mittlerweile mindestens 47 Mal überschritten wurde – so genau weiß man es nicht, weil Stuttgart, wie der Chef des Umweltbundesamts, Andreas Troge, berichtete, die Proben noch von Hand nimmt. Aber auch München (42 Tage), Düsseldorf (38 Tage), Dortmund und Berlin (beide 36 Tage) verstoßen bereits gegen EU-Recht. Brüssel erlaubt die Überschreitung der Grenzwerte seit dem 1. Januar 2005 nur noch an 35 Tagen im Jahr.

Zumindest bestreitet keiner mehr, dass Feinstaub ein ernst zu nehmendes Gesundheitsproblem ist, für das eine Lösung gefunden werden muss. Außer vielleicht Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), der nach Loskes Erinnerung vor kurzem sagte, „nicht der Feinstaub ist unser Problem, sondern die Konjunktur“. Aber Clement war am Mittwoch nicht dabei.

Einigkeit gibt es zwischen Bund und Ländern darüber, dass der Einbau von Partikelfiltern in Dieselautos steuerlich gefördert werden soll. Doch „bei der entscheidenden Frage der Finanzierung sind wir heute keinen Schritt weitergekommen“, krtisierte Bärbel Höhn. Der Bundesumweltminister findet, die Länder müssten dafür aufkommen, schließlich hätten sie durch den Diesel-Boom Mehreinnahmen bei der Kfz-Steuer. Werner Schnappauf wiederholte den Vorwurf, der Bund greife mit seinem Gesetzentwurf, den Finanzminster Hans Eichel (SPD) am 4. Mai ins Kabinett einbringt, den Ländern in die Kasse. Obwohl er zuvor sagte: „Ich wäre dankbar, wenn dieses Ping-Pong-Spiel nicht fortgesetzt würde.“ Weniger schwierig war die Einigung auf eine Kennzeichnungsverordnung, die es den Ländern erlaubt, differenzierte Fahrverbote zu erlassen, also Dieselautos ohne Filter die Fahrt in die Innenstadt zu verweigern. Außerdem sollen saubere Lkw bei der Maut billiger davonkommen.

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