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Noch kein Durchbruch. Neue Autos stoßen zwar weniger Kohlendioxid aus, von den EU-Vorgaben sind die Werte aber weit entfernt. Seit die Abwrackprämie ausgelaufen ist, werden auch wieder mehr Gebrauchtwagen gekauft, die noch weniger klimafreundlich sind. Foto: dapd

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Politik: Fliegen ja, Spritfresser nein

Studie: Konsumenten denken beim Kauf neuer Geräte und Autos ans Klima, beim Reisen aber eher weniger

Berlin - Verbraucher wollen sich nicht nur klimafreundlicher verhalten. Teilweise tun sie es auch. Allerdings ist das Tempo, in dem der Konsum in Deutschland klimafreundlicher wird, in etwa mit dem Tempo der internationalen Klimadiplomatie vergleichbar. Mit anderen Worten: Der Konsum kriecht im Schneckentempo einer klimafreundlicheren Zukunft entgegen. Das ist das Ergebnis einer Fleißarbeit, die Benjamin Raschke im Auftrag der grünen Fraktionsvize Bärbel Höhn nun vorgelegt hat.

Zum dritten Mal präsentiert das Büro Höhn die Studie mit dem Titel „Trägt das Verbraucherverhalten zum Klimaschutz bei?“. Bärbel Höhn sagte dem Tagesspiegel: „Auch wenn nachhaltiger Konsum noch keine Massenbewegung ist: Der Trend zum klimabewussten Einkauf setzt sich fort.“ Allerdings mit unterschiedlichen Ausprägungen, wie Raschke recherchiert hat. Verbraucher legen bei der Anschaffung von neuen Kühlschränken durchaus Wert auf den Energieverbrauch und damit die Klimafolgen der Anschaffung. Mehr als die Hälfte der neu gekauften Kühlschränke gehören zu den beiden besten Effizienzklassen, verbrauchen also deutlich weniger Strom als ihre Vorgänger. Raschke folgert daraus, dass es bei Kühlschränken, die rund zehn Prozent des verbrauchten Stroms in einem Haushalt ausmachen, einen Trend zum Klimaschutz gibt.

Ganz offensichtlich ist dieser Trend beim Ökostrom zu erkennen. Die Kundenzahl der Ökostromanbieter, die von Umweltverbänden empfohlen werden, lag schon Ende 2010 bei rund drei Millionen. Seit Beginn der Atomkatastrophe in Fukushima verzeichnen die Ökostromer rasant wachsende Kundenzahlen. Ökostrom hat zwar beachtliche Wachstumsraten, bleibt aber ein Nischenmarkt. Ähnliches gilt für Car-Sharing. Auch hier sind die Wachstumsraten hoch, doch der Gesamtanteil der Autoteiler ist mit 190 000 Nutzern in einem Land mit 42,5 Millionen zugelassenen Pkw weiterhin verschwindend gering. Die meisten Segmente, in denen klimabewusster Konsum zunimmt, sind weiterhin Nischenmärkte.

Es gibt aber auch Bereiche, in denen das klimaschädliche Verhalten weiter zunimmt. Vor allem im Flugverkehr. Nach dem Einbruch des Flugaufkommens wegen der Wirtschaftskrise 2009 sind die Zahlen der Flugreisenden 2010 wieder gewachsen. Raschke stellt fest, dass gleichzeitig auch weniger Flüge durch eine freiwillige Abgabe an Klimaprojekte in Entwicklungsländern kompensiert werden. Allerdings könnte das nach Einschätzung des Autors auch daran liegen, dass es mehr und mehr Anbieter für solche Kompensationsgeschäfte gibt. Raschke hat sich nur die Zahlen der beiden größten, Atmosfair und Myclimate, angeschaut. Das Ergebnis: 2010 gab es in Deutschland 190 Millionen Flugpassagiere, rund 60 000 Reisen davon wurden durch eine Kompensation klimaneutral gestellt.

Beim Autoverkehr ist die Entwicklung uneinheitlich. Zwar ist der Kohlendioxid- Ausstoß pro Kilometer bei neu zugelassenen Autos 2010 auf 151,7 Gramm gesunken. Von der europäischen Zielvorgabe von 130 Gramm ist das aber noch weit entfernt, zumal die Werte zwar kontinuierlich, aber sehr langsam sinken. Bei den neu gekauften Autos ist das Segment der Kleinstwagen um zwei Prozent gewachsen – das der spritfressenden Geländewagen allerdings auch um 2,8 Prozent, was die an sich klimafreundliche Entwicklung wieder etwas infrage stellt. Nachdem wegen der Abwrackprämie 2009 in Deutschland relativ viele Neuwagen gekauft worden waren, ist die Zahl der Neuanschaffungen 2010 wieder gesunken, dafür wurden wieder mehr Gebrauchtwagen gekauft. Doch gerade bei dieser Gelegenheit hätten die Verbraucher auf den Kraftstoffverbrauch und damit die Klimaauswirkungen geachtet, stellt Raschke fest. Bärbel Höhn fordert, dass klimaschädliche Produkte nach und nach ganz verschwinden sollen. Genau das sieht auch die sogenannte Ökodesign-Richtlinie der EU-Kommission längerfristig vor.

Dass eine Regulierung nicht immer auf Anhieb zum gewünschten Ziel führt, hat Raschke am Beispiel der Glühbirnenverodnung nachgezeichnet. 2009 wurden in Deutschland noch 210 Millionen klassische Glühlampen verkauft, fast 17 Prozent mehr als im Vorjahr. 2010 waren es dann nur noch 133 Millionen Birnen. 2009 wuchs aber auch die Zahl der verkauften Energiesparlampen um satte 35 Prozent auf 27 Millionen Stück an. 2010 sank die Zahl auf 24 Millionen Stück, obwohl die klassischen Glühlampen sukzessive nicht mehr verkauft werden dürfen.

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