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Asylbewerber vor der Bayernkaserne, wo in der Nacht zum Freitag die Proteste stattfanden.

© dpa

Flüchtlingspolitik: Asylbewerber müssen zelten

Nach Protesten gegen die unhaltbaren Zustände der Unterkünfte schafft die Stadt München Plätze für neue Flüchtlinge: in Sommercamps für jugendliche Touristen. Dieses Provisorium soll noch bis nächsten Donnerstag halten - trotz der kühlen Nachttemperaturen.

Wie schnell die Situation in völlig überfüllten Asylbewerberunterkünften aus dem Ruder laufen kann, hat sich in der Nacht zum Freitag in München gezeigt. Der Regierungsbezirk Oberbayern und die Stadt haben innerhalb weniger Stunden gehandelt: 180 neu angekommene Flüchtlinge sind nun vorübergehend in Zelten untergebracht, was die Behörden eigentlich unbedingt vermeiden wollten.

Die Situation vor der Bayernkaserne, einer von zwei Asyl-Erstaufnahmestellen im Freistaat, war aufgeheizt, als an diesem Tag nochmals 300 neue Flüchtlinge in der ohnehin schon komplett überbelegten Kaserne Platz finden sollten. 150 Menschen demonstrierten und errichteten eine Straßensperre. Sie erhoben viele Vorwürfe: Es gebe zu wenig Platz in dem Quartier, die sanitären Verhältnisse seien unzumutbar. Von Diebstahl wird berichtet, Körperverletzung, sogar von einer angeblichen Vergewaltigung. Polizei und Feuerwehr sind vor der Kaserne aufgefahren.

Die Not-Not-Notlösung

"Wir mussten sehr schnell handeln", sagt Markus Schön vom Münchner Sozialreferat. Man entschied, 180 Neuankömmlinge noch in der Nacht von der Bayernkaserne zu zwei Großzelten zu bringen im Stadtteil Nymphenburg. Eigentlich gilt bei der bayerischen Flüchtlingspolitik die Prämisse, dass niemand in ein Zelt muss. "Das ist wirklich die Not-Not-Notlösung", meint die Vize-Regierungspräsidentin Maria Els.

Jugendliche Touristen haben den Sommer über in den zwei Großzelten des Kreisjugendrings (KJR), genannt "The Tent", genächtigt, der letzte Schwung ging mit dem Ende des Oktoberfestes. Eigentlich sollten die Sommerzelte schon abgebaut sein, doch die Betreiber wurden von der Stadt gebeten, sie für den Notfall noch stehen zu lassen. "Das ist komplett provisorisch", sagt Gerhard Wagner vom KJR, "wir haben hier nur Sommerzelte." Darauf hat man auch deshalb zurückgegriffen, weil es derzeit über 20 Grad warm ist und die Wettervorhersage nicht schlecht aussieht.

Ein Stockbett neben dem anderen

Auf dem Gelände spielen nun junge Männer aus Afrika und dem Nahen Osten Volleyball oder langweilen sich vor den Zelten. Darin schlafen Mütter mit ihren Babys und Kleinkindern in Stockbetten, eines steht neben dem anderen. Viel Gepäck hat niemand von ihnen dabei, meistens nur je eine kleine Tasche. "Ein Mann kam mit Kleidung und Badeschlappen", erzählt Wagner. Im Schnelldurchlauf hat man hier zumindest einen kleinen Blick auf das Elend in weiten Teilen der Welt. Hania Al-Omar, eine Frau aus Syrien mit Baby auf dem Arm, berichtet, dass ihr zweites Kind im Bürgerkrieg umgekommen sei, der Mann sei ins Gefängnis gesperrt worden. Eine andere Frau erzählt von ihrem Weg von Pakistan über Libyen nach München. Ein dünner Mann sagt, er komme aus Eritrea, wo die Regierung die Menschen im Land einsperrt.  

Die Reise der Flüchtlinge ist noch nicht zu Ende. Spätestens bis kommenden Donnerstag sollen sie anderswo in Bayern untergebracht werden. Länger wäre es bei den kühlen Nachttemperaturen auch nicht zu verantworten. Aber wo? "Wir suchen ständig nach Wohnraum", sagt die Frau vom Regierungspräsidium. So verschärft sich die Lage von Tag zu Tag.        

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