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Föderalismus: Struck und Oettinger: Wende in Finanzpolitik

Nach zweijähriger Arbeit hat die Föderalismuskommission am Donnerstag in Berlin in ihrer nun wirklich letzten Sitzung die Reform der Schuldenpolitik in der Bundesrepublik auf den Weg gebracht.

Berlin - Um 18 Uhr 26 war abgestimmt, nach zweieinhalb Stunden Debatte um Feinschliff und einige letzte Nickligkeiten konnte die Versammlung zum Sekt übergehen. Es war mal wieder Geschichte gemacht: Nach zweijähriger Arbeit hat die Föderalismuskommission am Donnerstag in Berlin in ihrer nun wirklich letzten Sitzung die Reform der Schuldenpolitik in der Bundesrepublik auf den Weg gebracht. 27 der 32 Mitglieder der Kommission (je 16 von Bundestag und Bundesrat) stimmten zu, darunter auch das FDP-Mitglied, womit die Zweidrittelmehrheit in der Länderkammer gesichert sein dürfte – dort geht bei Verfassungsänderungen nichts ohne die Liberalen. Die Zustimmung des Bundestags ist wegen der nötigen Mehrheit der großen Koalition wohl kein Problem. Die drei Gegenstimmen kamen aus Mecklenburg-Vorpommern (wegen Verfassungsbedenken hinsichtlich der Haushaltsautonomie der Länder) sowie von den Bundestagsmitgliedern der Grünen und der Linkspartei. Berlin und Schleswig-Holstein enthielten sich.

„Es war eine mühselige Arbeit“, resümierte der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger, der mit SPD-Fraktionschef Peter Struck die Kommission geleitet hatte. Beide sprachen von einer Wende in der deutschen Finanzpolitik. „Ein großer Schritt zur Schuldenbegrenzung, das ist gut für die nachfolgenden Generationen“, sagte Struck.

An den großen Linien der Reform, wie sie schon Anfang Februar feststanden, änderte sich kaum noch etwas. Für Bund und Länder gilt von spätestens 2020 an, dass sie sich in wirtschaftlich normalen Jahren keine Neuverschuldung mehr leisten dürfen – der Haushalt ohne Kredit soll zum Normalfall werden. In wirtschaftlich schlechten Jahren dürfen zum Ausgleich der Steuerausfälle oder für Konjunkturmaßnahmen Schulden gemacht werden, die dann aber im Aufschwung wieder getilgt werden müssen. So soll es künftig über einen Konjunkturzyklus hinweg keinen weiteren Aufbau von Schulden geben. Allerdings gelten Ausnahmemöglichkeiten: bei Naturkatastrophen oder in außergewöhnlichen Notsituationen wie etwa der derzeitigen Finanzkrise ist eine Verschuldung über die Schuldengrenze hinaus erlaubt, um die finanziellen Folgen aufzufangen – doch muss gleichzeitig beschlossen werden, wie diese „Notschulden“ wieder getilgt werden. Der Bund hat zudem die Möglichkeit, auch in wirtschaftlich normalen Jahren Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufzunehmen – eine Bedingung vor allem der SPD-Fraktion. Nach derzeitigem Stand wären das etwa acht Milliarden Euro. Für die Länder dagegen gilt die strikte Nullverschuldung.

Bremen, das Saarland, Berlin, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt, die besonders hoch verschuldet sind, bekommen zudem von 2011 bis 2019 jedes Jahr insgesamt 800 Millionen Euro an Konsolidierungshilfen – auf Berlin entfallen nach einer Neuberechnung 58 Millionen Euro im Jahr, sechs Millionen weniger als bislang geplant. Zur Verhinderung von Haushaltsnotlagen soll ein Stabilitätsrat der Finanzminister zweimal im Jahr die Etatentwicklung vor allem in den Ländern prüfen und gebenenfalls Maßnahmen einleiten.

Einen letzten Streit gab es am Donnerstag noch um das Verlangen vor allem aus der SPD, Bundeshilfen an Länder auch auf Politikfeldern zu ermöglichen, wo der Bund keine Gesetzgebungszuständigkeit hat – also vor allem bei der Bildung. Hier wurde statt der ursprünglich geplanten „weichen“ Formulierung, bei der einige Länder zu große Einflussnahme des Bundes fürchteten, eine Verfassungsänderung analog zur Schuldenbremse vereinbart: Diese Hilfen darf es somit nur in außergewöhnlichen Notsituationen geben.

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