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Frankreich: Sarkozy entschuldigt sich bei China

Paris - Um Pardon zu bitten, liegt nicht im Naturell des französischen Präsidenten. Doch jetzt entschloss sich Nicolas Sarkozy, erstmals zu tun, wozu er bisher noch nie bereit war.

Paris - Um Pardon zu bitten, liegt nicht im Naturell des französischen Präsidenten. Doch jetzt entschloss sich Nicolas Sarkozy, erstmals zu tun, wozu er bisher noch nie bereit war. Im Namen des französischen Volkes entschuldigte er sich bei der chinesischen Behindertensportlerin Jin Jing für die Rempeleien, die diese am 7. April beim olympischen Fackellauf in Paris erlitten hatte. „Ich bin schockiert von den Angriffen, denen Sie ausgesetzt waren“, schrieb Sarkozy in einem Brief, den der Präsident des französischen Senats, Christian Poncelet, der Sportlerin am Montag in Schanghai überreichte. Darin lud Sarkozy die knapp 28-jährige an ihren Rollstuhl gefesselte Fechterin auch zu einem Besuch in Frankreich ein.

Jin Jing war als dritte Trägerin der olympischen Flamme beim Pariser Lauf von Demonstranten hart bedrängt worden, konnte aber deren Versuche, ihr die Fackel zu entreißen, mit Unterstützung von Sicherheitskräften abwehren. Seitdem gilt Jin Jing in China als die „Heldin von Paris“. Ihr gelte wegen ihres Muts auch die „Sympathie des französischen Volkes“, hieß es in dem vom Élysée-Palast veröffentlichten Schreiben, in dem Sarkozy die junge Frau und das chinesische Volk seines „großen Respekts“ versichert. Nachdem Jin Jing auf dem Höhepunkt der antifranzösischen Demonstrationen der vergangenen Tage wegen der Gefährdung von Arbeitsplätzen vor einem Boykott der französischen Supermarktkette Carrefour gewarnt hatte, war sie allerdings im Internet von Landsleuten als „Verräterin“ beschimpft worden.

Der Entschuldigungsbrief an Jin Jing ist nicht die einzige Geste, mit der der französische Präsident größeren Schaden von den vor allem wirtschaftlich bedeutsamen Beziehungen zu China abzuwenden hofft. Von seinem Staatsbesuch im vergangenen Herbst hatte Sarkozy Aufträge über 20 Milliarden Euro, darunter für zwei Atomkraftwerke, mitgebracht. Nach dem Senatspräsidenten, der sich zu einem seit langem geplanten Besuch in China aufhält, werden in dieser Woche noch der frühere Premierminister Jean-Pierre Raffarin und der Sicherheitsberater des Élysée, Jean-David Levitte, mit Botschaften Sarkozys nach Peking reisen. Ob damit die antifranzösische Welle verebbt, bleibt offen. Denn am Montag stand in Paris ein Beschluss an, der die chinesische Führung kaum amüsieren dürfte. Auf Vorschlag des sozialistischen Bürgermeisters Bertrand Delanoe wollte der Pariser Stadtrat den Dalai Lama zum Ehrenbürger der Hauptstadt machen. Hans-Hagen Bremer

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