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Bundeskanzler Olaf Scholz SPD und  Elisabeth Borne, Ministerpräsidentin der Französischen Republik.

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Update

Frankreichs Regierungschefin Borne in Berlin: Berlin und Paris vereinbaren Energie-Partnerschaft

Seit Mitte Oktober liefert Frankreich Gas nach Deutschland. Im Gegenzug soll die französische Stromversorgung durch Lieferungen aus Deutschland verbessert werden.

Beim Besuch der französischen Regierungschefin Élisabeth Borne bei Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) haben die beiden Politiker eine gemeinsame Erklärung zur Energiesolidarität unterzeichnet. Seit Mitte Oktober liefert Frankreich bereits Gas nach Deutschland. Im Gegenzug soll die französische Stromversorgung durch eine weitere Erhöhung der Lieferungen aus Deutschland während des kommenden Winters verbessert werden. In Frankreich drohen bei der Stromversorgung im Winter Versorgungsengpässe, weil die Wartung etlicher Atommeiler länger dauert als geplant.

Zuvor war Borne von Scholz im Kanzleramt mit militärischen Ehren empfangen worden. Was sich in den vergangenen Tagen zwischen Deutschland und Frankreich abgespielt hat, kann man auch als Reparatur-Aktion bezeichnen. „Wir wünschen mehr denn je, dass das deutsch-französische Tandem der Motor für Europa wird“, erklärte Borne nach dem Treffen mit Scholz. Der Kanzler lobte mit Blick auf Deutschland und Frankreich die „Qualität unserer Partnerschaft“.

Nach den Irritationen der letzten Wochen – so endete beispielsweise ein Treffen zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Paris jüngst ohne die sonst übliche Pressekonferenz – ging es für beide Seiten noch einmal darum, ihre Differenzen im Bereich der Verteidigungs- und Energiepolitik vergessen zu machen.

Im Rüstungsbereich hakt es beim gemeinsamen geplante Luftverteidigungssystem FCAS. Eigentlich soll mit dem französisch-deutsch-spanischen Luftverteidigungssystem ab 2040 ein Ersatz für den Eurofighter und den Jet „Rafale“ geschaffen werden. Inzwischen wurde zwar eine politische Vereinbarung für die nächste Entwicklungsstufe erreicht. Es fehlt aber noch eine Einigung zwischen den Flugzeugbauern Dassault und Airbus. Scholz erklärte, er sehe der weiteren Entwicklung „ganz zuversichtlich entgegen“. Nach den Worten von Borne hätten die Industrievertreter bereits eine Einigung gefunden, die noch umgesetzt werden müsse. 

Auf einer Linie sind Deutschland und Frankreich hingegen, wenn es um den „Inflation Reduction Act“ (IRA) der USA geht. Scholz und Borne äußerten ihre Sorge, dass der IRA zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Europäer führen könnte. Das umstrittene Gesetz soll nicht nur die Inflation bekämpfen, sondern sieht auch milliardenschwere Anreize für den Ausbau erneuerbarer Energie vor. Borne erklärte, es sei zwar einerseits eine gute Nachricht, dass sich die USA in Richtung Energiewende bewegten. Man müsse andererseits aber angesichts der US-Subventionen darauf achten, dass keine Wettbewerbsverzerrungen zwischen den USA und Europa entstünden, fügte sie hinzu.

Der IRA zielt auch darauf ab, die lokale Produktion in den USA zu stärken. Kritiker werfen daher dem US-Präsidenten Joe Biden Protektionismus vor. Zudem gibt es die Befürchtung, dass mit dem „Inflation Reduction Act“ ganze Wertschöpfungsketten von Europa in die USA abwandern könnten.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gehörte in dieser Woche zu den deutschen Kabinettsmitgliedern, die von Staatschef Emmanuel Macron empfangen wurden.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gehörte in dieser Woche zu den deutschen Kabinettsmitgliedern, die von Staatschef Emmanuel Macron empfangen wurden.

© AFP / Eric Piermont/AFP

Unmittelbar vor dem Besuch von Borne waren mehrere Mitglieder der Bundesregierung in der vergangenen Woche in Paris gewesen. Dass auch Macron großen Wert darauf legt, den deutsch-französischen Motor wieder in Gang zu setzen, zeigte sich daran, dass sich der Staatschef selbst Zeit für Wirtschaftsminister Robert Habeck, Annalena Baerbock (beide Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) nahm.

Nach dem Gespräch zwischen Macron und Habeck am vergangenen Dienstag hatte es aus französischen Kreisen geheißen, dass sich die Diskussion des Staatschefs und des Ministers aus Deutschland unter anderem um die Stärkung von Europa als Industriestandort und die hohen Energiepreise gedreht habe. Möglicherweise sucht Macron neben dem Kanzler auch nach weiteren Ansprechpartnern in Berlin. Insbesondere die Grünen stehen Macrons Projekt einer „europäischen Souveränität“ sehr aufgeschlossen gegenüber.

Allerdings führt der gegenwärtige Streit um den EU-Gaspreisdeckel dazu, dass auch die Grünen Macron auf EU-Ebene nicht allzu weit entgegenkommen können. Frankreich fordert einen Maximalpreis für Gasimporte in die EU, während Deutschland derartigen Markteingriffen skeptisch gegenübersteht. So war es dann auch ausgerechnet Wirtschafts-Staatssekretär Sven Giegold (Grüne), der den Brüsseler Betrieb als früherer Europaabgeordneter bestens kennt, der am Donnerstag beim EU-Energieministerrat die deutsche Position verteidigte. „Für uns ist wichtig, dass die Märkte nicht durcheinander kommen, sondern wir stattdessen die Ursachen für die hohen Preise angehen“, sagte Giegold.

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