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Politik: Freiwillige Selbstkontrolle

Putin verschärft Pressegesetz nicht – und gängelt Medien dennoch

Die geplanten Änderungen zum russischen Presse- und Terrorismusgesetz treten, soweit sie die Medien betreffen, vorerst nicht in Kraft. Zwar hatten beide Kammern des russischen Parlaments Anfang November, unmittelbar nach dem Moskauer Geiseldrama, beschlossen, den Medien bei der Berichterstattung zu Anti-Terror-Operationen künftig härtere Bandagen anzulegen – mit Billigung Präsident Putins, der in der Duma wie im Senat inzwischen über satte Mehrheiten verfügt und schon während der Geiselaffäre die Sensationsgier der Medien gerügt hatte. Dennoch verhinderte Wladimir Putin per Veto das Inkrafttreten der Änderungen.

Beobachter hatten damit gerechnet: Schon am vergangenen Donnerstag hatten 22 Chefredakteure und Verleger Putin in einer Petition gebeten, die Vorlage an das Parlament zurückzugeben. Dem schloss sich Putins Beauftragter für Menschenrechte, Oleg Mironow, an: Mit der Novelle würde das verfassungsgemäße Grundrecht auf freien Zugang zu Informationen ausgehöhlt.

Einschlägige Verfahren sind mit der Aussetzung keineswegs beseitigt. Die englischsprachige „The Moscow Times“ bezeichnete Putins Veto als Todeskuss: Statt der Volksvertreter sollen nun Journalistenorganisationen und Verlegerverbände einen „Ehrenkodex“ für die Berichterstattung zu Anti-Terror-Operationen ausarbeiten. Das aber lässt befürchten, dass die zu Sowjetzeiten eingeübten Muster vorauseilender Selbstzensur erneut Oberwasser gewinnen. Bezeichnenderweise kam der Vorschlag dazu von Konstantin Ernst, seines Zeichens Generaldirektor des offiziösen ersten Kanals. Ernst und Presseminister Michail Lesin waren auch gemeinsam als Initiatoren der Petition aktiv geworden, die von mehreren kritischen Medien nicht unterzeichnet worden war.

Gewinner, so die Medienredakteurin von Radio Liberty, Anna Katschkajewa, sei Putin: Er habe sein Image als Garant für Demokratie und eine freie Presse im Westen gefestigt. Anlass zur Entwarnung bestehe jedoch nicht: Putins Misstrauen gegenüber der Presse sei „alarmierend“.

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