zum Hauptinhalt
Kandidat für den CDU-Vorsitz: Friedrich Merz.

© Carsten Rehder/dpa

Friedrich Merz: Natürlich darf ein Kanzler Millionär sein

Entscheidend ist nicht das Vermögen von Friedrich Merz. Entscheidend ist, ob sein Programm gut ist für alle. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Darf ein Millionär in Deutschland Vorsitzender der CDU oder gar Kanzler werden? Seit die Republik erfahren hat, dass Friedrich Merz jedenfalls nicht nicht Millionär ist (wie er selbst es etwas verquast ausdrückte), wird diese seltsame Debatte geführt. Auch am Sonntagabend bei „Anne Will“ musste Merz seinen Wohlstand verteidigen. Dabei ist die Frage leicht beantwortet: Natürlich kann er! Natürlich muss er dürfen! Ob jemand für politische Ämter infrage kommt, hängt nicht davon ab, was er verdient und wo er herkommt. Sondern davon, wo er hinwill und ob er bereit ist, Politik für alle zu machen.

Die Skepsis gegenüber dem Millionär Friedrich Merz speist sich aus drei Quellen: Zum einen, so liest man in den sozialen Kanälen, trauen Wähler jemandem mit Geld kein Verständnis für die (Geld-)Sorgen der Mehrheit zu. Mit dem Wohlstand setze quasi automatisch ein „Realitätsverlust“ ein. Zweitens wird unterstellt, so viel Geld könne nur haben, wer anderen etwas weggenommen hat. Drittens drohten Interessenkonflikte aufgrund seiner Aufsichtsratsmandate.

Lieber erst Aufsichtsrats-Kohle scheffeln und sich dann zur Wahl stellen, als erst Kanzler sein und dann seine Insider-Kenntnisse meistbietend verschachern.

schreibt NutzerIn happyrocker

Zum ersten Punkt: Jeder Politiker ist Gefangener seines Milieus. Qua ihres Einkommens gehören alle Spitzenpolitiker spätestens mit Amts- und Mandatsantritt zur oberen Mittelschicht. Je höher man aufsteigt, desto weiter ist man weg vom Alltag der Bürger. Sitzt man erst mal im Kanzleramt, finden Bürgerkontakte fast ausschließlich in extrem kontrollierten Situationen statt. Das kann entfremden, muss es aber nicht. Entscheidend ist, ob man wissen will, was im Land vor sich geht, und es gibt bislang nichts, was darauf hinweist, dass Merz das nicht will. Seinen Normalo-Wahlkreis Hochsauerland hat er immer direkt gewonnen.

Wen schränkt er ein?

Natürlich sollte die Diskrepanz zwischen dem Leben eines Politikers und dem, wofür er streitet, nicht zu groß sein, vor allem, wenn man Menschen in ihren Freiheiten beschränken und ihnen Regeln auferlegen möchte: Wer gegen Abtreibung ist oder gegen die Ehe für alle, wer Vielfliegen oder Fleisch verteuern möchte, sollte für sich keine Ausnahmen von diesen Regeln beanspruchen. Aber wen schränkt Merz damit ein, dass er wohlhabend ist?

Der Tagesspiegel kooperiert mit dem Umfrageinstitut Civey. Wenn Sie sich registrieren, tragen Sie zu besseren Ergebnissen bei. Mehr Informationen hier.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Dahinter steht, und damit sind wir beim zweiten Punkt, die seltsame Vorstellung, dass Geld, das einer hat, jemand anderem weggenommen wurde. Das kann sein – wenn jemand Cum-Ex-Geschäfte macht und den Staat und damit alle Steuerzahler betrügt. Bislang wurde das Merz aber nicht nachgewiesen. Sicher ist er kein Selfmade-Millionär, der mit unternehmerischem Engagement Hunderte Arbeitsplätze geschaffen hat und obendrein ein großer Philanthrop ist. Einen guten Teil seines Vermögens hat er mit Aufsichtsratsmandaten und Beraterverträgen verdient. Man kann darüber streiten, ob das eine gesellschaftlich relevante Leistung ist. Moralisch verwerflich ist es nicht. Und auch über konkrete Interessenkonflikte von Merz wurde bisher nichts bekannt. Gegen den Vermögensverwalter Blackrock, für den März als Aufsichtsrat tätig ist, wird ermittelt, Merz selbst ist davon aber nicht betroffen, wie die Staatsanwaltschaft versichert.

Der Verdacht und die Häme gegen den wohlhabenden Friedrich Merz lenkt aber von der entscheidenden Frage ab: Für welches Programm steht er, und ist das ein Programm, das gut ist für alle – auch für die 99,9 Prozent der Deutschen, die weniger verdienen als er?

Zur Startseite