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Verfassungsschutzbericht: "Für Entwarnung gibt es keinen Anlass"

Die Bedrohung Deutschlands durch islamistische Extremisten und Terroristen hält an. Auch die Zahl der politisch rechts motivierten Straftaten sei alarmierend, sagte Innenminister Schäuble bei der Vorlage des Verfassungsschutzberichtes.

Berlin - Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten in Deutschland ist im vergangenen Jahr sprunghaft gestiegen. Insgesamt zählten die Behörden 15.361 Delikte, 27 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Zahl rechtsextremistischer Gewalttaten sei um 23 Prozent gestiegen, sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2005 am Montag in Berlin. Auch die Straftaten Linksextremer hätten deutlich zugenommen. Schäuble warnte zugleich vor einer unverminderten Bedrohung Deutschlands durch islamistische Extremisten und Terroristen.

Schäuble beklagte eine hohe Gewaltbereitschaft innerhalb der Skinhead-Szene: «Diese Skinheads begehen ihre zumeist fremdenfeindlichen Gewalttaten nicht mit einer strategischen terroristischen Zielsetzung, sondern in aller Regel hasserfüllt und unter Alkoholeinfluss.» Besorgniserregend sei, dass die rechtsextremistische Ideologie bei einem beachtlichen Teil der männlichen Jungwähler von 18 bis 24 Jahren ankomme.

Schäuble bekräftigte vor dem Hintergrund fremdenfeindlicher Attacken in Deutschland: «Wir werden keine Form von Extremismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus tolerieren.» Leitmotiv für die Politik der Bundesregierung sei, für Freiheit, Demokratie und Toleranz zu kämpfen. Aber er sagte auch: «Einen Königsweg bei der präventiven Bekämpfung extremistischen Gedankenguts gibt es leider nicht.» Und fügte hinzu: «Auch wenn in jedem Einzelfall genaue Prüfung dem vorschnellen Urteil vorzuziehen ist, bleibt jede Gewalttat eine zu viel.»

"No-Go-Areas darf es nicht geben"

Schäuble kündigte im Rahmen der Diskussion über No-Go-Areas an, er sei mit seinen Länderkollegen im Gespräch, wie die Polizeipräsenz verstärkt werden könne. Auch die Bürger dürften niemals wegsehen. «No-Go-Areas, wo sich Menschen mit Migrationshintergrund nicht hintrauen können, darf es nicht geben.»

Dem Verfassungsschutzbericht zufolge gab es im vergangenen Jahr etwas weniger Rechtsextremisten als 2004. Insgesamt zählten die Behörden rund 39.000 (2004: 40.700). Das sei auf einen Rückgang bei den Parteien DVU und Republikaner zurückzuführen. Die NPD als kleinste der drei Parteien legte allerdings auf 6000 Mitglieder (2004: 5300) zu. Auch die Zahl der Neonazis ist auf 4100 (2004: 3800) weiter gestiegen. Die Zahl gewaltbereiter Rechtsextremisten erhöhte sich auf 10.400 (2004: 10.000).

Besorgt zeigte sich der Verfassungsschutz über die Entwicklung der rechtsextremistischen Skinhead-Musik, da Jugendliche oft über «dieses Medium erste Kontakte zur rechtsextremistischen Szene finden». Die Verfassungsschützer verzeichneten im vorigen Jahr 142 solche Bands.

Eine Ursache für die Zunahme von Gewalttaten könnte Schäuble zufolge auch die gestiegene Zahl von Demonstrationen der rechten Szene sein, bei denen es häufig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit linksextremistischen Gegendemonstranten komme. So hätten auch Straf- und Gewalttaten Linksextremer deutlich zugenommen. Die Zahl linksmotivierter Straftaten lag dem Bericht zufolge bei 2305 - gegenüber 1440 im Jahr 2004.

Schäuble warnte zugleich vor einer unverminderten Bedrohung durch islamistische Extremisten und Terroristen. «Auch Deutschland ist im Zielspektrum islamistischer Terroristen». Für Entwarnung gebe es keinen Anlass. (tso/dpa)

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