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Politik: „Futter für die Kritiker von Guantanamo“ Reaktionen auf Urteil des Supreme Court

Amerikas Oberste Richter stoppen die Bush-Regierung und verlangen eine grundsätzliche Korrektur des Kampfes gegen den Terror. So interpretieren die US-Medien den Spruch des Supreme Court vom Donnerstag, die Militärtribunale für Guantanamo-Gefangene seien rechtswidrig.

Amerikas Oberste Richter stoppen die Bush-Regierung und verlangen eine grundsätzliche Korrektur des Kampfes gegen den Terror. So interpretieren die US-Medien den Spruch des Supreme Court vom Donnerstag, die Militärtribunale für Guantanamo-Gefangene seien rechtswidrig. Sie bewerten das Urteil als Sensation und stellen es auf eine Stufe mit Jahrhundertentscheidungen wie der Freigabe der Watergate-Protokolle 1974, die zum Rücktritt Präsident Nixons führte, oder dem Verbot einer Verstaatlichung der Stahlindustrie 1952. Die „New York Times“ spricht von einer „durchschlagenden Niederlage“ der Regierung. Die deutliche Sprache der Richter habe selbst die optimistischsten Menschenrechtler und Gefangenenanwälte „sprachlos vor Freude“ gemacht. Die „Washington Post“ schreibt, das Urteil sei „Futter für jene Kritiker, die in Guantanamo das Symbol einer Regierung sehen, die Amok läuft“, und vermerkt mit Genugtuung: „Auch der oberste Kriegsherr muss sich an Recht und Verfassung halten.“ Beide Blätter kommentieren die Entscheidung als „Sieg des Rechtsstaats“.

Wie die „Times“ und die „Post“ analysiert das „Wall Street Journal“, das Urteil habe wenig praktische Auswirkungen für Guantanamo und die Gefangenen dort, aber enorme prinzipielle Bedeutung. Es stelle auch die Abhörprogramme und die Überwachung internationaler Überweisungen ohne richterliche Genehmigung in Frage. In allen diesen Fällen hatte sich Bush auf seine Sondervollmachten in Kriegszeiten berufen und Sonderverfahren angeordnet, ohne diese Abweichungen von geltenden Gesetzen durch den Kongress absegnen zu lassen. Diese Umgehung des Parlaments haben die Richter für rechtswidrig erklärt, nicht aber das Lager Guantanamo und auch nicht den Plan, Terrorverdächtige vor Kriegsgerichte zu stellen, statt sie in zivilen Strafverfahren zu verurteilen.

Das Weiße Haus und Vertreter der republikanischen Mehrheit in Abgeordnetenhaus und Senat überlegen nun, der Kongress könne dieselben Militärtribunale per Gesetz einrichten, die der Präsident nicht hätte alleine anordnen dürfen.

Entsprechend vorsichtig sind die Reaktionen weltweit: In die Genugtuung mischen sich Warnungen, das Urteil nicht misszuverstehen. Karsten Vogt, Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, sagte dem Tagesspiegel, es bedeute „kein Verbot von Guantanamo“, sondern „eine Einschränkung der Rechte, die sich dieser Präsident im Krieg gegen den Terror genommen hat“. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), sagte dieser Zeitung: „Das Urteil bestätigt mein Grundvertrauen in die Selbstreinigungskräfte der amerikanischen Demokratie.“ Es setze die Regierung Bush „weiter unter Druck, das selbst geschaffene rechtliche Niemandsland zu verlassen“.

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