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Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen begrüßt den neuen Generalinspekteur Eberhard Zorn. HOTO /

© AFP/ John MacDougall

Generalinspekteur Eberhard Zorn: Der politische Soldat

Eberhard Zorn ist neuer Generalinspekteur der Bundeswehr. Er kann nur hoffen, dass die Zeiten nicht noch schwieriger werden.

Von Robert Birnbaum

Der Wachwechsel ist im Grund Routine, ja eigentlich sogar überfällig. Trotzdem steckt etwas Symbolisches darin, als Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Dienstag Abend ihren Generalinspekteur Volker Wieker verabschiedet und am Mittwoch dessen Nachfolger Eberhard Zorn einführt. Die Amtsübergabe markiert in gewisser Weise den Übergang von der revolutionären Phase der Leyenschen Reformbemühungen zur Bewährungszeit.

Die Beteiligten scheinen das selbst auch so zu sehen. Wieker habe die Bundeswehr „in einer prägenden Phase weltweiten Engagements“ mitgestaltet, sagt Leyen zum Abschied mit abendlichem Großem Zapfenstreich und dankt ihm „persönlich und von ganzem Herzen“. Das ist mehr als eine Floskel. Der 64-jährige Berufsoffizier, einst Adjutant bei Volker Rühe und Rudolf Scharping, hat sich für die häufig Umstrittene mit stoischem Engagement in jede Bresche geschlagen.

Jetzt quittiert er, gut ein Jahr über das reguläre Datum hinaus, fast zeitgleich mit der Staatssekretärin Katrin Suder den Dienst. Der knurrige Soldat und die fixe Unternehmensberaterin waren Leyens Kernteam für ihre Variante eines Umsturzes der Verhältnisse im Bendler-Block und der gesamten Bundeswehr. Nur der Staatssekretär Gerd Hoofe und Pressechef Jens Flosdorff bleiben als treue Begleiter seit ihren Landesministerzeiten in Hannover an ihrer Seite.

Die Nachfolger für Wieker und Suder – Zorn und der bisherige Rüstungsdirektor Benedikt Zimmer – sollen das heftig Angestoßene in stetige Bahnen lenken. Zorn hat das verstanden. „Ich hoffe, dass ich alle Soldatinnen und Soldaten auf dem bereits eingeschlagenen Weg zur weiteren Verbesserung der personellen und materiellen Einsatzbereitschaft und zur Weiterentwicklung der Ausbildung mit Optimismus mitnehmen kann“, sagt der 58-Jährige bei seiner Amtseinführung. Neu ist die Aufgabe für ihn nicht; der Artillerist war zuletzt im Ministerium für das schwierige Thema Personal zuständig und damit für eine der drei „Trendwenden“, Personal, Material und Finanzen, die Leyen verkündet hat. Bei Personal und Material ist davon einstweilen noch wenig zu sehen. Zu Wiekers letzten Diensten für seine Ministerin zählte, öffentlich um Verständnis zu werben, dass die Dinge in der Riesenorganisation Bundeswehr eben ihre Zeit brauchen.

Der Neue ist seit 44 Jahren dabei

Der Neue kennt sich auch damit aus, er ist schließlich seit 44 Jahren dabei. 1978 Artillerieschule Idar-Oberstein, Ausbildung zum deutschen und französischen Generalstabsdienst, zwei Mal im Einsatz auf dem Balkan, zuletzt Kommandeur der Luftlandebrigade 26 und der Division Schnelle Kräfte – beides Einheiten für Not- und Krisenfälle –, so lesen sich die militärischen Stationen. In seiner Zeit unterstellten die Niederlande ihre 11. Luftlandebrigade den Deutschen.

Diese Vorgeschichte dürfte bei seiner Berufung eine Rolle gespielt haben. Zorn ist gewohnt, in europäischen Dimensionen zu denken – ohnehin lag ihm als Saarländer Frankreich von Geburt an näher als der ferne Rest der Republik. Der Aufbau einer effektiven europäischen Verteidigung wird absehbar einer der Schwerpunkte in Leyens zweiter Amtszeit; übrigens einer, den ihr selbst Kritiker aus der Opposition positiv anrechnen: Die Niedersächsin, nahe Brüssel geboren, betreibe das ernsthaft und gut.

Aber Zorns Pflichten reichen weiter. Das Amt des Generalinspekteurs war ursprünglich rein politisch angelegt – oberster Militärberater der gesamten Regierung, zwar aus praktischen Gründen im Generalsrang, aber außerhalb der militärischen Hierarchie. Einige Reformen später ist der GI immer noch politischer Soldat, aber darüber hinaus jetzt Vorgesetzter aller Uniformträger der Bundeswehr inklusive der Inspekteure der Teilstreitkräfte. Er verantwortet, plant und führt die Einsätze und leitet die strategische Planung. Kurz – er ist effektiv das, was man andernorts als Generalstabschef kennt, aus historischen Gründen hierzulande aber so nicht nennt.

Eigentlich ein bisschen viel für einen Mann in einer Bundeswehr „in schwieriger Zeit“, wie Leyen zur Amtseinführung einräumte. Beide können jetzt nur hoffen, dass die Zeiten nicht noch schwieriger werden. Dass Kanzlerin Angela Merkel in der Syrien-Krise den Verbündeten moralische, aber keine militärische Unterstützung zusicherte, war ja auch ein deutlicher Beleg für die praktischen Grenzen des viel beschworenen stärkeren Engagements in der Welt. Die Bundeswehr wäre gar nicht in der Lage gewesen, dort nennenswerte Beiträge zu leisten.

Lücken beim Material zu decken, wird also zu Zorns vordringlichsten Aufgaben zählen. Dass der historische Fehlschluss nachwirkt, nach dem Fall der Mauer würden Panzer und anderes überflüssig, verliert als Entschuldigung bald an Kraft.

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