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Ob beim Essensdienst oder im Krankenhaus: Während der Pandemie sind die Bedingungen für ein Freiwilliges Soziales Jahr erschwert.

© Felix Kästle/dpa

Generationenkonflikt in der Corona-Krise: Ältere sollten Jungen den Vortritt bei Lockerungen lassen

Bald werden einzelne Corona-Maßnahmen gelockert – vor allem für die Jüngeren. Die ältere Generation sollte Verständnis dafür haben. Eine Kolumne.

Eine Kolumne von Ursula Weidenfeld

Vor zwei Wochen habe ich mit meinem Plädoyer, die Älteren möchten doch bitte endlich mal zu Hause bleiben, viele von Ihnen verbittert. Sie sich haben sich zu Recht über den Ton des Kommentars und seine Pauschalität beschwert. Ich möchte mich dafür entschuldigen. Für meine Meinung entschuldige ich mich allerdings nicht.

Die Älteren von uns – ja, Sie haben mich darauf aufmerksam gemacht, ich gehöre dazu – tragen gerade in den kommenden Wochen und Monaten eine besondere Verantwortung für sich selbst und für die anderen. Denn sie müssen ja nicht nur sich selbst fragen, wie wichtig ihnen das eigene Leben ist. Sie beantworten es durch ihr Verhalten für viele andere mit: weil man die meisten seiner Freunde in der Alterskohorte hat, der man selbst angehört.

Wenn man sie nun wieder ausführlich trifft, die wiedereröffneten Geschäfte öfter als nötig frequentiert, und sich an öffentlichen Plätzen aufhält, die nun von vielen bevölkert sind, bringt man auch seine Familie und die Freunde in Gefahr.

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Es ist eine Zumutung: Man muss sich eingestehen, dass man möglicherweise besonders gefährdet ist, schwer krank zu werden und vielleicht sogar zu sterben, obwohl das Selbstbild damit überhaupt nicht übereinstimmt. Es ist bitter zuzusehen, wie sich die Welt für Andere halbwegs normalisiert, und man selbst muss sich mit seiner eigenen Vergänglichkeit auseinandersetzen. 

Dennoch wird es in den kommenden Wochen einen langsamen Abschied von der Einheitslösung – alle bleiben zu Hause – geben. Es gibt schon heute unterschiedliche Regelungen für Regionen, es wird unterschiedliche Appelle an verschiedene Gruppen geben.

Plätze, an denen es einen Ausbruch der Krankheit gibt, werden anders mit der Bedrohung umgehen als solche, die nicht belastet sind. Schüler und Studenten, viele Arbeitnehmer und Selbstständige haben keine Wahl: Sie müssen raus, weil sie sonst ihre Arbeit,ihre Bildungschancen, ihre materielle Existenz verlieren.

Für viele Ältere gilt das nicht. Können, dürfen wir von den Jungen erwarten, dass sie sich dauerhaft beschränken, nur weil wir uns nicht eingestehen wollen, dass wir alt werden? 

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