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Die frühere Chefin der Bukarester Anti-Korruptionsbehörde, Laura Kövesi.

© Vadim Ghirda/dpa

EU-Staatsanwaltschaft: Gerangel um Spitzenposten

Das EU-Parlament wünscht sich Laura Kövesi als Chefin der EU-Staatsanwaltschaft. Sie machte sich in der Bukarester Anti-Korruptionsbehörde einen Namen.

Das Europäische Parlament hat die frühere Chefin der rumänischen Anti-Korruptionsbehörde, Laura Codruta Kövesi, als erste Wahl für den Posten als Generalstaatsanwältin der EU benannt. Damit begeben sich die Europaabgeordneten auf Konfrontationskurs mit den EU-Mitgliedstaaten, die sich für Kövesis französischen Rivalen ausgesprochen hatten.

Kövesi, die mit heftigem Widerstand der rumänischen Regierung in Bukarest konfrontiert war, soll nach dem Willen des EU-Parlaments zukünftig die geplante Europäische Staatsanwaltschaft leiten. Sie erhielt am Mittwoch in einer geheimen Abstimmung im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten des EU-Parlaments 26 Stimmen. Der französische Kandidat Jean-François Bohnert erhielt 22 Stimmen. Für den Deutschen Andreas Ritter gab es nur eine Stimme.

Am Dienstag hatte Kövesi auch im Ausschuss für Haushaltskontrolle mit zwölf Stimmen die Nase vorn gehabt; Bohnert erreichte elf. Der Beschluss der beiden Parlamentsausschüsse wird nun der Konferenz der Präsidenten sowie dem Präsidenten des EU-Parlaments, Antonio Tajani, übermittelt.

Bukarester Negativ-Kampagne gegen Kövesi

Bohnert verfügt unterdessen über die Unterstützung der EU-Staaten. Im Ministerrat, der die 28 EU-Mitgliedstaaten vertritt, hatte Bohnert 50 Stimmen erzielt, gefolgt von Kövesi und Ritter mit je 29 Stimmen. Laut Presseberichten in Bukarest stimmte auch der rumänische EU-Vertreter für den französischen Kandidaten. Die rumänischen Behörden hatten sich zuvor an einer Negativ-Kampagne gegen Kövesi in ihrer Rolle als frühere Leiterin der Bukarester Anti-Korruptionsbehörde beteiligt.

Die Europäische Staatsanwaltschaft soll ihre Arbeit bis Ende 2020 aufnehmen und sich zunächst auf Straftaten im Zusammenhang mit EU-Geldern konzentrieren. 22 EU-Länder wollen sich beteiligen. Wer die Leitung der neuen EU-Staatsanwaltschaft übernehmen soll, braucht die Unterstützung des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten. Vor der endgültigen Abstimmung soll ein Trio von Botschaftern aus Finnland, Kroatien und Portugal im Namen der Mitgliedstaaten nun mit dem Straßburger Parlament verhandeln.

Finnland und Kroatien haben die nächsten beiden EU-Ratspräsidentschaften inne. Der dritte Platz hätte eigentlich Deutschland zugestanden. Da aber ein deutscher Kandidat unter den drei Bewerbern für den Posten war, übernimmt Portugal.

Streit zwischen EU-Parlament und Mitgliedstaaten

Die Beratungen des Parlaments über die nächsten Schritte sollen bereits am kommenden Donnerstag stattfinden. Der Rat der Mitgliedstaaten entscheidet mit einfacher Mehrheit. Nach Angaben aus dem EU-Ministerrat wollen sich beide Institutionen noch vor der Europawahl im Mai einigen. Die Personalie könnte jedoch einen Streit zwischen den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament auslösen.

Rumänien gilt als eines der korruptesten EU-Mitglieder

Als Chefin der rumänischen Anti-Korruptionsbehörde hatte Kövesi vor allem Rückendeckung in Brüssel und den übrigen Hauptstädten der EU, aber nicht in ihrem Heimatland erhalten. Rumänien wird gemeinhin als eines der korruptesten EU-Mitglieder angesehen. Die regierenden Sozialdemokraten (PSD) hatten Kövesi im vergangenen Juli nach deutlich gestiegenen Verurteilungsraten aus dem Amt entlassen.

Während einer Anhörung vor den beiden Parlamentsausschüssen versuchte Kövesi, Vorwürfe der Vertreter der Sozialdemokraten und der Liberalen zurückzuweisen. „Ich weiß, dass Sie negative Informationen über mich gehört haben. Ich habe aber nichts zu verbergen. Ich stehe zur Verfügung, um alle Ihre Fragen zu beantworten“, sagte sie.

Erschienen bei EurActiv.

Der Tagesspiegel und das europapolitische Onlinemagazin EurActiv kooperieren miteinander.

Tim Steins

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