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Schreiber-Prozess: Geschäfte ohne Quittung

Politiker zogen die Fäden bei den Deals und kassierten mit, sagt Waffenlobbyist Schreiber vor Gericht – nur belegen kann er es nicht.

Mit vollmundigen Ankündigungen hat Karlheinz Schreiber in den vergangenen zehn Jahren so manche politische Aufregung verursacht. Für die meisten spektakulären Enthüllungen, mit denen er in der Vergangenheit aus seinem kanadischen Exil drohte, blieb der frühere Rüstungslobbyist aber die Beweise schuldig.

So gesehen blieb sich der 75-Jährige am Montag vor dem Augsburger Landgericht treu. Der wegen Steuerhinterziehung angeklagte Rüstungslobbyist kündigte zum Auftakt seines mit Spannung erwarteten Prozesses an, „hochrangige“ politische Weggefährten und Geschäftspartner zu benennen, die ihm in den 80er und 90er Jahren dabei halfen, millionenschwere Flugzeug- und Panzergeschäfte einzufädeln. Er will belegen, dass die Millionenprovisionen, die er an der deutschen Steuer vorbei auf ausländischen Geheimkonten geparkt haben soll, nicht für ihn selbst bestimmt waren, sondern für Politiker und Verwaltungsmitarbeiter, die am Zustandekommen der Geschäfte mit Kanada, Thailand und Saudi-Arabien beteiligt waren.

Wer aber erhielt jenseits der seit Jahren bekannten Empfänger aus Regierung und Unionsparteien noch von Schreiber Geld? Darüber schwieg sich der Angeklagte am Montag aus. Dafür ließ er seine Anwälte gleich zwei eher allgemein gehaltene Erklärungen vortragen, die immerhin deutlich machten, dass sich Schreiber auch nach vielen Jahren seiner Flucht vor der deutschen Justiz noch immer zu Unrecht beschuldigt fühlt – weil doch immer wichtige Politiker ihre schützende Hand über seine Geschäfte gehalten hätten.

„In jedem der Geschäfte wurden die Weichenstellungen von Politikern und höchsten politischen Würdenträgern getroffen“, erklärte Schreiber in einer Stellungnahme, die sein Anwalt für ihn verlas. So sei der umstrittene und mit Millionenprovisionen geschmierte Verkauf von Thyssen-Spürpanzern an Saudi-Arabien nicht primär durch seine Vermittlung zustande gekommen, sondern vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und dem seinerzeitigen US-Außenminister James Baker entschieden worden. „Ich habe nie im Alleingang agiert“, ließ Schreiber seinen Anwalt vorlesen.

Bei den ebenfalls mit Schmiergeldzahlungen verbundenen Verkäufen von MBB-Hubschraubern an die kanadische Küstenwache und Airbus-Flugzeugen nach Kanada und Thailand habe vor allem ein Politiker die Weichen gestellt, dem Schreiber wirtschaftlich und freundschaftlich verbunden war: Franz Josef Strauß. Der starb 1988 und habe den erfolgreichen Abschluss vieler Geschäfte nicht mehr miterlebt. Aber er sei in der Vorbereitungsphase an den meisten Schreiber-Geschäften „maßgeblich beteiligt“ gewesen. Auch der 2005 gestorbene kanadische Politiker Frank D. Moores habe zum Gelingen von Geschäften beigetragen. „Es gab keinen Auftrag ohne Gegenleistung, kein Geschäft ohne Beteiligung von hochrangigen Politikern.“

Allerdings machte Schreiber deutlich, dass es ihm schwerfallen dürfte, die Beteiligung Dritter an den Geschäften gerichtsfest nachzuweisen, wie er am Beispiel des früheren konservativen kanadischen Premierministers Brian Mulroney illustrierte: „Erwartet denn jemand, dass Mulroney Quittungen für die Beteiligung am Zustandekommen eines Auftrags ausstellt?“ Diese Aussage dürfte in Kanada politische Wellen schlagen: Bislang hat Mulroney stets bestritten, für von Schreiber eingefädelte Geschäfte Provisionen erhalten zu haben. Neben den inoffiziellen Zahlungen an Mulroney werde er auch nicht in der Lage sein, für jenes Bargeld Belege zu präsentieren, das deutsche Politiker von ihm erhielten, sagte Schreiber: Bargeldempfänger wie Schäuble, Kiep oder Pfahls hätten ebenfalls „keine Quittungen unterschrieben“.

Ob und wie Schreiber im Laufe der bevorstehenden 26 Verhandlungstage seine vom Richter als noch „recht allgemein“ bezeichneten Behauptungen belegen will, ließ er am Montag nicht durchblicken. Auffällig war an ihm an diesem Tag eigentlich nur, wie schweigsam der trotz fünfmonatiger Untersuchungshaft fidel und erholt wirkende Angeklagte war: Von Journalisten gefragt, ob er vor Prozessbeginn spontan etwas sagen wollte, schüttelte er nur den Kopf und machte eine Geste mit der Hand zum Mund, die besagte: Heute mal nicht. Seine Anwälte dürften den sonst so redseligen Rentner überzeugt haben, dass das für ihn vorteilhaft sein könnte.

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