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Politik: Gewerkschaften ohne Wahlempfehlung

Die Gewerkschaften werden im Bundestagswahlkampf auf deutliche Distanz zur SPD gehen. Dies machte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Michael Sommer, am Mittwoch in Berlin deutlich. (08.06.2005, 14:23 Uhr)

Berlin - Es werde bei einer Neuwahl im September keine Empfehlungen an die Mitglieder geben, sagte Sommer bei der Vorstellung der vom DGB-Vorstand einstimmig beschlossenen «gewerkschaftlichen Anforderungen an die Programme der Parteien».

Bei den Wahlkämpfen 1998 und 2002 hatten die Gewerkschaften zwar auch keine Empfehlungen ausgesprochen, aber über ihre «Wahlprüfsteine» keinen Hehl aus ihrer Sympathie für eine sozialdemokratisch geführte Regierung gemacht.

Die Gewerkschaften müssten «mit allen demokratisch legitimierten Parteien und Regierungen» das Gespräch suchen, sagte Sommer. Die Menschen erwarteten energische Schritte gegen die Arbeitslosigkeit und nicht nur Versprechungen. Sommer bekräftigte die Gewerkschafts- Kritik an der Arbeitsmarktreform Hartz IV und mahnte von einer neuen Regierung dringend Änderungen an.

Dass auch mit einer unionsgeführten Regierung Korrekturen möglich seien, ließen die Koalitionsverhandlungen in Nordrhein-Westfalen hoffen, sagte er. Eine weitere große Enttäuschung bei der Beschäftigungspolitik «wird das Land verändern - und zwar nicht zum Guten», sagte der Gewerkschaftschef.

Zugleich kündigte er in Richtung Union und FDP erneut massive Gegenwehr bei Eingriffen in das Tarifrecht an. «Der geplanten Verlagerung der Lohnpolitik in die Betriebe ... werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht ohne Reaktion zusehen», sagte der DGB-Chef und drohte erneut mit einem «Häuserkampf», also einer Auseinandersetzung der Gewerkschaften in den Betrieben, die den Flächentarifvertrag aushebeln wollen.

Auch mit Blick auf die Unterstützung, die das mögliche Linksbündnis von PDS und Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG) aus dem Gewerkschaftslager erhält, sagte Sommer: «Wir setzen nicht auf einzelne Gruppierungen, sondern darauf, dass Politik die Sorgen der Menschen ernst nimmt.» In jedem Fall würden diese Gruppierungen daran gemessen, «was sie wollen und was sie im Zweifelsfall können». Eine Abspaltung im linken Lager habe aber immer auch zu dessen Schwächung beigetragen, fügte Sommer hinzu.

In dem Anforderungskatalog verlangen die Gewerkschaften eine «neue Finanzarchitektur für den Sozialstaat», in der die Finanzierung über Steuern und Sozialbeiträge neu justiert werden müsse. «Außerdem setzen wir auf den Ausbau der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu einer echten Bürgerversicherung», sagte Sommer. Er forderte ein «existenzsicherndes Mindesteinkommen», ohne sich bei dessen Ausgestaltung genauer festlegen zu wollen. (tso)

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