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Politik: Glas, Holm, Heck - Über die Spenderliste des Altkanzlers

Heino ist wider Erwarten nicht dabei. Auch Roberto Blanco fehlt, und Tony Marshall.

Heino ist wider Erwarten nicht dabei. Auch Roberto Blanco fehlt, und Tony Marshall. Die deutsche Schlagerbranche hat Helmut Kohl trotzdem nicht hängen lassen: 10 000 Mark kommen von Dieter Thomas Heck, dem jahrzehntelangen Moderator der "Hitparade". Heck war immer schon für die CDU, im Gegensatz zu seinem Antipoden von "Disco", Ilja Richter. Michael Holm stiftet 5000 Mark. Michael Holm, das ist der ehemalige Jurastudent, der 1969 "Mendocino" gesungen hat. Michael Holm ist damals durch abgrundtiefe Abneigung gegen die 68er und alles Linke aufgefallen. Geht es immer noch darum? Um links und rechts?

Der Altbundeskanzler hat gestern eine Liste veröffentlicht, Kohls Liste. Seine treuesten Freunde. Menschen, die Geld geben, um Helmut Kohls Ehre zu retten. 5,9 Millionen Mark sind bisher zusammengekommen, die Kohl an die CDU überweisen wird, um den Schaden wieder gut zu machen, den er angerichtet hat. Dafür bekommen sie nicht einmal eine Spendenquittung, da gibt es nichts von der Steuer abzusetzen. Kohl hat, weil er musste, in seine Seele blicken lassen. Wer auf der Liste steht, gehört zum engsten Kreis, den er vielleicht auf einer Geburtstagsparty um sich versammeln würde.

Es entsteht da erwartungsgemäß ein Kaleidoskop des deutschen Unternehmertums, wie es einst, in Kohls Jugend, das Wirtschaftswunder bewerkstelligt hat - ein Privatbankier Bödecker, ein Elektrowerkzeug-Hersteller Fein, ein Uhrenfabrikant Scheufele. Erich Kellerhals vom "Media Markt", Elektro, Helmut Maucher von der Schweizer Nestle, Lebensmittel, Jens Odewald von Tchibo, Kaffee und Sonstiges. Willi Schalk von McCann-Erickson, Werbung und Marketing. Der Schwerpunkt liegt auf dem Mittelständischen, auf den traditionellen Branchen. Und natürlich die Verbände, mit Verbänden konnte Kohl gut. Ein Aachener IHK-Präsident, ein ehemaliger BDI-Chef. Keine Computer, selbstverständlich. Kein Internet, keine Zukunftstechnologien. Die Kritiker seines wirtschaftspolitischen Kursen werden sagen: Die Dinosaurier des Standorts Deutschland sammeln sich hinter Kohl, und stampfen noch einmal fest auf den Boden.

In Kohls Welt haben neben der traditionellen Wirtschaft die Medien einen wichtigen Platz. Seine demonstrative Verachtung der Journalisten muss etwas von enttäuschter Liebe an sich haben. Wenn die Medien fest zu ihm hielten, dann konnten sie Freunde werden, die Meduen und er. Natürlich steht ein Mann aus dem Hause Axel Springer auf der Liste, Ernst Cramer, natürlich ist auch der sogenannte Mogul Leo Kirch dabei. Der britische Verleger George Lord Weidenfeld, gelegentlicher Autor der "Welt", ist eher eine Überraschung, obwohl er Kohl einen "durch und durch honorigen Mann" genannt hat. Zu den Überraschungen gehört auch Erich Schumann, geschäftsführender Gesellschafter der WAZ, die als SPD-nah gilt.

Wirtschaft. Medien. Schlager. Der Sport fehlt in Kohls Welt, und das, was früher Hochkultur hieß. Auch Ostdeutschland fehlt. Kohl hat das Holocaust-Mahnmal durchgeboxt, und ist unerschütterlich für die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden eingetreten, so nannte er das. Jetzt steht neben Cramer auch Artur Brauner auf seiner Liste, der Berliner Filmproduzent. Die schönen Künste im engsten Sinne repräsentieren zwei Schauspieler, Uschi Glas und Heiner Lauterbach. Uschi Glas hat als erklärte CSU-Sympathisantin in ihrem Milieu nichts mehr zu verlieren. Auch Lauterbachs politische Sympathien waren bekannt, trotzdem, er zeigt Mut.

Es ist nicht ehrenrührig, auf Kohls Liste zu stehen. Sogar seine Gegner haben immer betont: Von Kohl bleibt mehr als der Skandal. Jetzt, wo er sein Häuschen verpfändet, wird die öffentliche Sympathie sich ihm wieder zuwenden. Kohl ist ein Ehrenmann, schreibt Weidenfeld. Erfahren wir über Kohls Welt etwas Neues, aus seiner Liste? Nein. Man ahnte ja, wie klein Kohls Welt ist. Sie ist nur ein bisschen reicher als erwartet.

Auf der Liste stehen vor allem diejenigen, die seiner Politik einen Gefallen schulden - in allen Ehren, versteht sich. Ein begrenztes Milieu, westlich, wirtschaftsnah, intellektuellenfern. Wo sind die Weggefährten? Die Nachbarn? Norbert Blüm, einer seiner ältesten Freunde, wie man dachte, hat sich distanziert. In der Politik hat das Wort Freundschaft eine eher pragmatische Bedeutung. Das ist ein normaler Vorgang, würde Kohl sagen. In einer letzten Kraftanstrengung kauft das Westdeutschland der 60er, 70er, 80er Jahre ihrer Leitfigur die Ehre zurück. Es hat etwas Rührendes, egal, wie man zu Kohl steht. Jetzt darf die Zukunft kommen, sie ist groß und kühl. Stefan Raab wird in 30 Jahren für niemanden spenden, wetten?

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