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Global Solutions: Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit Moderator Evan Davis

© Sina Schuldt/dpa

Global Solutions: Daten besteuern statt Löhne!

Eine Steuer auf Daten? Richtig umgesetzt könnte Angela Merkels Vorschlag zu mehr Gerechtigkeit führen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Til Knipper

Man kann Angela Merkel nicht vorwerfen, dass sie bei der Regierungsbildung zu wenig Mitarbeiter auf das Thema Digitalisierung angesetzt hätte: Kanzleramtsminister Helge Braun koordiniert sie, Dorothee Bär ist Staatsministerin dafür, Justizministerin Katarina Barley hat auch Ideen zum Thema, und Andreas Scheuer soll endlich die nötige Infrastruktur auf Vordermann bringen.

Aber was denkt eigentlich die Chefin? Richtig festlegen will sich die Kanzlerin wie so häufig nicht: Geht es um Digitales, Industrie 4.0 oder Künstliche Intelligenz warnt sie einerseits davor, dass Deutschland den Anschluss verlieren könnte oder gar zur bloßen Werkbank abzusinken drohe, weil man es hierzulande mit dem Datenschutz übertreibe.

Andererseits soll jeder Bürger, geht es nach Merkel, die volle Kontrolle über die eigenen Daten behalten und selbstverständlich allen Schutz der neuen EU-Datenschutzgrundverordnung genießen dürfen. Wie beides zusammen gehen soll, lässt sie offen.

Nun hat die Kanzlerin die Öffentlichkeit mit einem neuen Vorschlag überrascht: Daten müssten in Zukunft bepreist und besteuert werden. Das ist insofern neu, weil Merkel Daten sonst gerne als Rohstoff des 21. Jahrhunderts bezeichnet, die Wissenschaft und Unternehmen zur Verfügung stehen müssten, um zukunftskompatible Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Richtig umgesetzt, könnte Merkels Vorschlag zu mehr Gerechtigkeit und einer radikalen Veränderung des Steuersystems führen. Die Bepreisung der Daten ist dabei gar nicht so schwierig. Experten schätzen, dass die persönlichen Daten, die ein Nutzer Internetkonzernen wie Google oder Facebook überlässt, einen Wert von bis zu 80 Dollar pro Monat haben.

Das ist noch konservativ gerechnet, bedenkt man, dass Microsoft für das Karrierenetzwerk LinkedIn mit seinen monatlich 100 Millionen aktiven Nutzern vor zwei Jahren 26 Milliarden Dollar gezahlt hat, was 260 Dollar pro Kopf entspricht.

Das aktuelle Steuerrecht, das vor allem Einkommen, Gewinne und Umsätze besteuert, ist dem globalisierten Internetzeitalter nicht gewachsen. Die Internetkonzerne haben keine physischen Betriebsstätten mehr und transferieren ihre Gewinne dorthin, wo die niedrigsten Körperschaftssteuern erhoben werden.

Bepreist er den Austausch von Daten und erhebt eine Steuer darauf, umgeht der Fiskus elegant das Problem, dass die Internetfirmen die Daten ihrer Nutzer eben nicht mit Geld bezahlen, sondern sie umsonst erhalten, weil sie ihnen im Gegenzug Dienste und Apps zur Verfügung stellen. Der Staat wäre so auf dieser Stufe der Wertschöpfung nicht mehr länger außen vor.

Geht man noch weiter und besteuert neben diesen Datentransfers auch noch den Einsatz von künstlich intelligenten Maschinen und die Frachtwege von online bestellten Waren und senkt gleichzeitig signifikant die Lohnsteuern, ließen sich viele Arbeitsplätze sichern, die ansonsten durch die Digitalisierung verloren gingen.

Merkelsches Nichtstun ist in diesem Fall keine Alternative. Dann wird menschliche Arbeit bald unbezahlbar, die staatlichen Steuereinnahmen brechen ein und das Geld konzentriert sich in der Hand der Datensammler.

Es ist kein Zufall, dass die Idee des bedingungslosen Grundeinkommen im Silicon Valley so viele prominente Befürworter hat – es ist schlicht eine Form des Selbstschutzes.

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