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Politik: Glos: Scholz-Bericht tendenziös Wirtschaftsminister kritisiert Armutsdaten

Berlin – Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, den Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) vor zwei Wochen vorgelegt hat, stößt auf scharfe Ablehnung des Koalitionspartners. In einer internen Stellungnahme, die dem Tagesspiegel am Sonntag vorliegt, verlangt Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) von Scholz nun, den Bericht grundlegend zu überarbeiten und ganze Passagen zu streichen.

Von Antje Sirleschtov

Berlin – Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung, den Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) vor zwei Wochen vorgelegt hat, stößt auf scharfe Ablehnung des Koalitionspartners. In einer internen Stellungnahme, die dem Tagesspiegel am Sonntag vorliegt, verlangt Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) von Scholz nun, den Bericht grundlegend zu überarbeiten und ganze Passagen zu streichen. In der gegenwärtigen Fassung, schreibt Glos, „genügt der Armuts- und Reichtumsbericht weder konzeptionell noch sprachlich den Anforderungen an einen Bericht der Bundesregierung“.

Konkret wirft Glos dem Arbeitsminister nicht nur vor, den Bericht in wesentlichen Teilen auf der Grundlage von veralteten Daten aufgebaut zu haben. Die positiven Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt seit 2005 würden daher überhaupt nicht wiedergegeben. Der Wirtschaftsminister bemängelt auch, Scholz interpretiere Daten falsch und stelle Armut und Reichtum in Deutschland an zahlreichen Stellen „tendenziös“ dar. So werde Armut nicht als relativ beschrieben und unterschlagen, dass es in Deutschland nur wenige Menschen gebe, die tatsächlich unter das physische und soziokulturelle Existenzminimum fallen. Bei der Darstellung von Reichtum hingegen „schürt der Bericht eine Neiddebatte“, schreibt Glos. Insgesamt zeichne der Bericht „kein realistisches Bild der sozialen Wirklichkeit in Deutschland“. Daher bestehe „umfangreicher Änderungsbedarf“. Etwa beim Thema von Mindestlöhnen: Hier wirft Glos seinem Amtskollegen vor, den Eindruck zu erwecken, als ob Mindestlöhne ein Mittel zur Bekämpfung von Armut seien. Diese Feststellung jedoch gehe weit über die Vereinbarungen innerhalb der großen Koalition hinaus und sei so auch inhaltlich nicht zu halten. Glos fordert deshalb: „Die Passage zum Mindestlohn muss ersatzlos gestrichen werden“.

Das Arbeitsministerium lehnte es ab, die Vorwürfe zu kommentieren. Ministeriumssprecher Stefan Giffeler verwies auf das in der Bundesregierung übliche Klärungsverfahren. „Minister Glos hat jede Möglichkeit, seine Position im Rahmen der Ressortabstimmung einzubringen. Am Ende wird es einen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung auf der Basis des Entwurfs des Arbeitsministeriums geben.“ SPD-Vize Andrea Nahles warnte Glos davor, die sozialen Zustände zu beschönigen. „Wenn Herr Glos den Armuts- und Reichtumsbericht im Nachhinein verdrehen will, dann werden die Menschen das merken“, sagte sie dieser Zeitung. Der Sozialexperte der SPD-Fraktion, Karl Lauterbach, nannte die Kritik des Wirtschaftsministeriums „abwegig“. Die dem Bericht zu Grund liegende Methodik sei nicht perfekt, entspreche aber dem europäischen Standard. „Glos’ Kritik kann nur politische Motive haben.“ A. Sirleschtov/S.Haselberger

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