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Grenzeklat: Deutsche und Polen beschuldigen sich gegenseitig

Nach den Schüssen auf einen deutschen Ausflugsdampfer in der Ostsee spricht der deutsche Kapitän der "Adler-Dania", Heinz Arendt, von einem "formalen Angriff". In Polen sieht man den Sachverhalt ganz anders und will Arendt verklagen.

Berlin/Warschau - Nach den polnischen Warnschüssen auf einen deutschen Ausflugsdampfer in der Ostsee haben beide Seiten am Donnerstag schwere Vorwürfe erhoben. Es habe sich um einen "formalen Angriff" gehandelt, und es sei geschossen worden, sagte der Kapitän des Schiffes "Adler-Dania", Heinz Arendt, dem Nachrichtensender N-24. Die polnische Küstenwache bestritt, dass die Warnschüsse auf den Ausflugsdampfer am Dienstag mit scharfer Munition erfolgten. Die polnischen Zollbehörden kündigten an, sie wollten den Kapitän verklagen. Das Auswärtige Amt und die zuständigen Innenbehörden bemühten sich um Aufklärung.

Die "Adler-Dania" der Reederei Adler-Schiffe sei von Usedom nach Swinemünde in Polen gefahren, sagte Arendt. Als das Schiff polnisches Hoheitsgebiet erreichte, hätten sich auf dem Dampfer "angebliche polnische Zöllner" in Zivil bemerkbar gemacht. Ihm sei die Identität der drei Männer unklar gewesen und deshalb habe er sie an Bord "festgesetzt", sagte Arendt. Ihre Ausweise seien nicht als offizielle Dokumente der polnischen Behörden zu erkennen gewesen. Er habe deshalb die Regeln der internationalen Sicherheitsvorschriften zur Verhinderung von Anschlägen befolgt und mit seinem Schiff kehrt gemacht, sagte der Kapitän.

Kapitän will drei bis vier Schüsse gezählt haben

Nachdem das Schiff Kurs auf die deutsche Küste genommen habe, sei geschossen worden, sagte Arendt. "Es lief ein Schnellboot der polnischen Küstenwache auf (...) und forderte die Dania auf über Funk und machte wilde Manöver." Ein polnischer Offizier habe sich in Richtung Dania gerichtet, eine Pistole herausgezogen und geschossen. Es sei keine Flagge zum Stoppen des Schiffes gehisst worden. Er habe drei bis vier Schüsse gezählt, ohne Leuchtsignale zu sehen.

Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Gottfried Timm (SPD) bestätigte in Schwerin, dass sich drei Polen in Zivil als Zöllner ausgewiesen hätten und Passagiere kontrollieren und Schiffsräume untersuchen wollten. Ein Sprecher des Bundespolizeipräsidiums in Bad Bramstedt sagte, die drei Polen seien bei Ankunft des Schiffes in Usedom überprüft worden. Sie hätten sich als polnische Zöllner ausweisen können und seien zur deutsch-polnischen Grenze in Ahlbeck gebracht worden. Sie seien weder festgenommen, verhaftet noch stundenlang verhört worden.

Polnische Küstenwache spricht von Leuchtraketen

Die polnische Küstenwache bestritt, dass die Warnschüsse mit scharfer Munition erfolgten. Es seien zwei grüne Leuchtraketen abgefeuert worden, sagte der Sprecher der Küstenwache, Tadeusz Gruchalla, der polnischen Nachrichtenagentur PAP. Die polnischen Grenzbeamten hätten die Nerven bewahrt. Mit scharfer Munition zu schießen wäre hingegen "das Schlimmste" gewesen.

"Der Kapitän wird in den nächsten Tagen angezeigt, eine Kontrolle der polnischen Zollbehörden verhindert zu haben", sagte der Sprecher der Zollbehörde in Stettin, Janusz Wilczynski. Laut Wilczynski war es bei der Kontrolle auf dem Schiff darum gegangen, ob alkoholische Getränke ohne den polnischen Steuerzuschlag in einem der Geschäfte auf dem Schiff verkauft wurden.

Schon in der Vergangenheit Grenzzwischenfälle

Es habe sich dabei nicht um die ersten Vorfälle dieser Art auf den Adler-Schiffen gehandelt, sagte der Sprecher weiter. Am 9. Oktober seien Zigaretten im Wert von fast 29.000 Euro beschlagnahmt worden. Auf dem Schiff seien diese zu einem viel höheren Preis als in Polen verkauft worden, was dem polnischen Staat Verluste eingetragen habe.

Vor der Aufnahme Polens in die EU war die Reederei Adler-Schiffe auf so genannte Butterfahrten nach Polen spezialisiert, auf denen Waren wie Alkohol, Zigaretten oder Parfum verkauft wurden. Seit dem EU-Beitritt Polens 2004 werden auf den Ausflugsfahrten immer noch Alkohol und Zigaretten verkauft, die in Polen deutlich billiger sind als in Deutschland. (tso/AFP)

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