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Großbritannien: Banker im Büßerhemd

Vier britische Finanzmanager entschuldigen sich. Doch wer nun schuld an der Krise war, darauf wussten auch die Banker keine Antwort.

Es gab keine Tränen nach japanischem Vorbild, auch keine Kniefälle. Lord Stevenson legte nur gemessen die Ellbogen im grauen Maßanzug auf den Tisch und sagte, nach kurzem Stocken: „Es tut uns zutiefst und ich würde sagen ohne jeden Vorbehalt leid.“

PR-Berater hatten den ehemaligen Vorstandschef der Bank HBOS und drei andere Chefs gescheiterter Banken seit Tagen auf den Auftritt vor dem Haushaltsausschuss des Unterhauses vorbereitet. Davon hatte der Vorsitzende, Großbritanniens Großinquisitor John McFall, Wind bekommen. „Lynch-Schlagzeilen für einen Tag reichen uns nicht“, warnte er.

Seit Wochen versucht McFalls Ausschuss, mit bohrenden Fragen herauszufinden, wie die Finanzkrise passieren konnte und warum keiner der hoch bezahlten Banker die Risiken erkannte. Dann wurde bekannt, dass die von Steuerzahlern vor der Pleite gerettete Royal Bank of Scotland (RBS) eine Milliarde Pfund an Boni ausschütten will. Lynch- Stimmung ergriff die Nation. „Wir Frauen werden die Vorstandszimmer stürmen und diesen Überschuss vonTestosteron ausmerzen“, rief Kabinettsministerin Hazel Blears. Ex-Labourvize John Prescott sammelt eine „Online-Armee“ gegen Boni im Bankenwesen.

Wie Schulbuben auf der Schulbank saßen die vier verachtetsten Repräsentanten des verachtetsten Berufs. McFall, ein Mann mit knappem Bürstenschnitt und noch knapperen Worten, kam sofort zur Sache. „Ich höre, sie wollen sich entschuldigen. Bringen wir es hinter uns“. Nach Stevenson kam der junge Andy Hornby, Chief Executive der HBOS: „Es tut mir schrecklich leid“. „Hat Ihnen das ihr PR-Berater empfohlen?“, warf McFall ein. „Ich wiederhole, es tut mir schrecklich leid.“ „Haben sie eigentlich eine Qualifikation als Banker?“ fragte ein Ausschussmitglied, wohl wissend, dass Hornby aus der Modebranche zu HBOS gestoßen war. Sobald es schicklich schien, ließ Hornby einfließen, dass er durch den Sturz seiner als Bonus bezahlten HBOS-Aktien „beträchtlich mehr“ verloren habe, als er als Gehalt empfing.

Doch wer war nun schuld an der Krise? Eine richtige Antwort darauf wussten auch die Chefs der RBS nicht. Sie hatten die Bank durch kühne Ankäufe zur fünftgrößten Bank der Welt gemacht und, gerade als die Krise begann, 50 Milliarden Pfund für die holländische ABN Amro Bank bezahlt. „Ein schwerer Fehler“, gab Chairman Tom McMillop zu. „Niemand hatte eine Ahnung von der Geschwindigkeit, mit der alles zusammenbrechen würde“, erklärte Chief Executive Sir Fred Goodwin.

Die Anhörung dürfte die Wut der Briten auf die Banker noch gesteigert haben. Am Dienstag sprach Browns enger Vertrauter, Schulminister Ed Balls, von der „schlimmsten Krise seit über 100 Jahren“ und warnte vor der Rückkehr des Rechtsextremismus. Meinungsumfragen bestätigen, dass die Briten das Vertrauen in die Labourregierung verloren haben.

Brown hatte bei der Übernahme von HBOS und RBS „harte Bedingungen“ angekündigt, aber nichts getan, um das Bonusproblem anzugreifen. „Die Regierung schläft“, wetterte Oppositionschef David Cameron. Brown schob die Entscheidung auf und beauftragte eine Kommission. RBS Banker sollten erst mal „freiwillig“ auf ihre Boni verzichten. Das was auch Ex-Vize Prescott zu viel. „Ich weiß gar nicht, warum wir darüber diskutieren. Ohne uns Steuerzahler hätten diese Banker doch gar keinen Job mehr.“

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