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Politik: Große Koalition streitet um Spätabtreibungen

Berlin - Nach den umstrittenen Vorschlägen von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Terrorismusbekämpfung sorgen jetzt auch die Familienpolitiker der Union für Unmut in der SPD. Grund ist der Streit um die Verhinderung so genannter Spätabtreibungen nach der 23.

Berlin - Nach den umstrittenen Vorschlägen von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Terrorismusbekämpfung sorgen jetzt auch die Familienpolitiker der Union für Unmut in der SPD. Grund ist der Streit um die Verhinderung so genannter Spätabtreibungen nach der 23. Schwangerschaftswoche. Zwar kamen beide Seiten im Koalitionsvertrag darin überein, zu „prüfen, ob und gegebenenfalls wie die Situation bei Spätabtreibungen verbessert werden kann“. Hintergrund dafür ist die relativ hohe Zahl von jährlich über 200 solcher Abtreibungen, deren Dunkelziffer nach Expertenmeinung rund viermal so hoch ist.

Wie diese Situation verbessert werden kann, darüber streiten Sozialdemokraten und Unionspolitiker. Johannes Singhammer, frauenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion und sein der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe fordern neue gesetzliche Regelungen – bis hin zu einer Änderung des „Abtreibungsparagraphen“ 218. Nur so könne künftig klargestellt werden, dass die Diagnose einer Behinderung des Kindes kein Grund für eine Spätabtreibung sei, argumentiert Hüppe. Wenn die SPD hier weiterhin nur zu „kosmetischen Änderungen“ bereit sei, „dann müssen wir eben einen eigenen Gesetzesentwurf einbringen“, kündigte der CDU- Politiker im Gespräch mit dem Tagesspiegel an. Die „unvollständigen“ Regelungen des Paragraph 218 dürften dabei „kein Tabu sein“. Hüppe forderte zudem eine Beratungspflicht für betroffene Frauen und Änderungen im Arzthaftungsrecht. Die Geburt eines Kindes dürfe „nicht als Schadensquelle dienen“.

Die SPD und die Grünen kündigten Widerstand gegen die Unionspläne an. Die frauenpolitische Sprecherin der SPD- Fraktion Christel Humme nannte Hüppes Vorschläge „völlig überzogen“. Schon im Abtreibungskompromiss 1995 sei die Behinderung eines ungeborenen Kindes als Abtreibungsgrund abgeschafft worden. Humme warf der Union vor, Frauen durch eine Beratungspflicht bevormunden zu wollen. „Genau das können die Betroffenen in solch einer Situation nicht gebrauchen“, sagte Humme dem Tagesspiegel. Wichtiger sei eine Verbesserung der Beratungsmöglichkeiten und eine stärkere Vernetzung bestehender Anlaufstellen. Offen zeigte sich die SPD-Politikerin für den Unionsvorschlag, zwischen Diagnose und möglicher Spätabtreibung eine Bedenkzeit von drei Tagen vorzuschreiben, um überstürzte Entscheidungen Schwangerer zu verhindern.

Auch die frauenpolitische Sprecherin der Grünen Irmingard Schewe-Gerigk widersprach Hüppe. Aus den Forderungen der Union spreche ein „Misstrauen gegenüber Frauen“, sagte Schewe-Gerigk dem Tagesspiegel. Gesetzliche Neuregelungen bezeichnete auch die Grünen-Politikerin als unnötig.

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