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Grundsatzprogramm: SPD streitet über Reformkurs

Die SPD debattiert ihr neues Grundsatzprogramm – und Parteichef Beck ruft zur Geschlossenheit auf.

Von Hans Monath

Berlin - Es kommt einiges zusammen für die SPD in diesen Tagen: Die Partei von Kurt Beck kämpft mit schlechten Umfragewerten, Bundesfinanzminister Peer Steinbrück kritisierte bereits im vergangenen Monat die „Heulsusen“ unter den Genossen, die sich eigentlich jetzt auf ihre Programmdebatte konzentrieren wollen.

Am Montag sprach Beck nun Klartext. Auf der Parteiratssitzung in Berlin rief er zur Geschlossenheit auf. „Ich erwarte, dass es bei den Diskussionen um Inhalte, nicht um Personen geht“, sagte er nach Angaben von Teilnehmern. Zudem habe Beck mit Blick auf die parteiinterne Führungsdebatte gesagt, er wolle anonyme Angriffe nicht mehr hinnehmen.

Gleichzeitig belebt sich zwei Monate vor dem SPD-Parteitag Ende Oktober die bislang eher müde Debatte über das neue Grundsatzprogramm der Partei. Prominente Vertreter der Parteilinken nahmen am Montag das von Finanzminister Steinbrück, Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck herausgegebene Buch „Auf der Höhe der Zeit“ zum Anlass, auf Distanz zu entschiedenen Verteidigern der Reformpolitik von Altkanzler Gerhard Schröder zu gehen. In Abwesenheit von Parteichef Beck stellten die Herausgeber das Werk am Montag im Willy-Brandt-Haus vor. Präsidiumsmitglied Andrea Nahles kritisierte unterdessen, das Buch rechtfertige die Agenda 2010 und empfehle, diese Politik fortzusetzen.

Die Herausgeber plädieren in dem Werk dafür, den „reparierenden Sozialstaat“ hin zu einem „vorsorgenden Sozialstaat“ umzuwandeln. Dieser soll die Auswirkung gesellschaftlicher Fehlentwicklungen nicht nur im Nachhinein mindern, sondern vor allem durch Investitionen in Bildung und Familie die Entstehung sozialer Notlagen verhindern. Juso-Chef Björn Böhning sagte mit Blick auf die Herausgeber, „die Herren“ versuchten „einen alten Widerspruch aufzubauen, den wir längst überwunden haben“. Der Juso-Chef hielt den Herausgebern in der „Frankfurter Rundschau“ auch „inhaltliche Ohnmacht“ vor.

Das Netzwerk reformorientierter jüngerer Sozialdemokraten wies die Vorwürfe der Linken zurück. Die Herausgeber des Buches verteidigten den Begriff des „vorsorgenden Sozialstaats“, sagte Netzwerk-Sprecher Christian Lange. Die Kritik an den Herausgebern sei verwunderlich, da die SPD-Linke kürzlich ein eigenes Thesenbuch veröffentlicht habe. Die Linke hatte dabei vor allem moniert, dass der „nachsorgende Sozialstaat“, also die staatliche Hilfe für bedürftige und in Not geratene Menschen, nicht zu kurz kommen dürfe.

Bei der Buchvorstellung spendierte Laudator Hans-Jochen Vogel dem Werk übrigens ein recht verhaltenes Lob, brach eine Lanze für den Begriff „demokratischer Sozialismus“ im Grundsatzprogramm und empfahl, „die Kluft zwischen arm und reich noch deutlicher zu formulieren“. Matthias Platzeck wies für die Herausgeber den Vorwurf zurück, sie wollten den Sozialstaat abschaffen und verkörperten eine „kalte SPD“. Das Gegenteil treffe zu, versicherte der Potsdamer: „Ich möchte eine richtig heiße SPD haben, an der können sich manche ruhig verbrennen.“

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