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Frauen in einer Textilfabrik in Sri Lanka.

© AFP

Europäische Union: Handel zu Lasten von Frauen

Ein Initiativbericht des EU-Parlaments will sicherstellen, dass die Rechte von Frauen in Ländern gewahrt bleiben, mit denen die EU Freihandelsabkommen abschließt.

Besonders für Frauen verschlechtern sich oftmals die Arbeitsbedingungen, obwohl sich die EU in den Handelsabkommen mit ihren Wirtschaftspartnern zu nachhaltigem Handel verpflichtet. Deshalb stimmt das EU-Parlament während der Plenumssitzung in Straßburg an diesem Dienstag über einen Initiativbericht ab, der eine stärkere Verankerung von Frauenrechten in Freihandelsabkommen vorsieht. Doch der Prozess könnte Jahre dauern.

„Es geht nicht nur um Wachstum. Nicht jeder Handel ist guter Handel, davon muss die EU in ihren Wirtschaftsbeziehungen abrücken“, meint die schwedische Europaabgeordnete Malin Björk. „Wir dürfen nicht die Ausbeutung billiger Arbeitskräfte durch den Handel mit uns fördern“. Obwohl die zahlreichen bilateralen Handelsabkommen der EU mit Drittländern Jobs schaffen und Arbeitnehmer in Entwicklungsländern oft von besseren Lohn- und Arbeitsbedingungen profitieren, gilt das längst nicht für alle. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass besonders in exportstarken Industriezweigen oft der Bedarf an niedrig qualifizierten und arbeitsintensiven Stellen steigt, zum Beispiel im Textil-, Bekleidungs- oder Agrarsektor. Dort sind zu großen Teilen Frauen beschäftigt.

Um diesem Trend entgegenzuwirken, werden die Parlamentsausschüsse für Internationalen Handel und für Frauenrechte am heutigen Montag dem Plenum einen Bericht vorlegen, der eine genauere Überwachung und Mechanismen zum Schutz von Frauen in EU-Freihandelsabkommen vorsieht. Der Bericht fordert ein ausdrücklich geschlechterbezogenes Kapitel in allen zukünftigen Abkommen.

Dem Initiativbericht zufolge sollen die Partnerländer der EU klar darlegen, wie sie die Rechte von Arbeitnehmerinnen schützen werden. Außerdem sollen Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung nach Geschlecht erhoben werden, um die Auswirkungen des Handels zu überwachen. „Wir brauchen Kontrollmechanismen, um auch einzelne Unternehmen haftbar zu machen, denn genau dort werden Arbeits- und Menschenrechte oft nicht eingehalten“, fordert die Abgeordnete Björk, die Berichterstatterin des Reports ist.

Laut „Women Watch“, einer Initiative der UN, sind Frauen in Entwicklungsländern wegen ihrer sozialen Rolle und mangelnder Ausbildung oft die Verlierer der wirtschaftlichen Globalisierung: „Frauen sind generell seltener in Gewerkschaften eingebunden als Männer und haben daher weniger Verhandlungsspielraum in Bezug auf ihre Gehälter und Arbeitsbedingungen, sie arbeiten dementsprechend häufig in unterdurchschnittlich schlechten Bedingungen.“ Um dem entgegenzuwirken, gilt es daher, ihnen eine bessere technische Ausbildung zu ermöglichen, wichtige Arbeitsrechte wie Mutter- und Kündigungsschutz zu garantieren und sie bei der Kinderbetreuung zu entlasten.

Eine Prüfung der Geschlechter-Gleichstellung fehlt

Inwiefern die Außenhandelsabkommen der EU Frauen in diesem Sinne zugute kommt, ist allerdings fraglich: Zwar werden Nachhaltigkeitsprüfungen durchgeführt, um die sozialen und wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Abkommen zu prüfen. Eine besondere Prüfung der Gleichstellung der Geschlechter gibt es allerdings nicht.

In Zukunft sollen daher die bereits vorhandenen Artikel für nachhaltige Entwicklung um Frauenrechte ergänzt werden. Als erstes wird voraussichtlich der Vertrag mit Chile einen solchen Paragraphen enthalten. Und es müsse endlich Konsequenzen geben, meint Björk.

Sollten Versprechen zum Schutz von Arbeitnehmerinnen nicht eingehalten werden, müsse ein Handelsabkommen eben aufgekündigt werden, lautet die Forderung der Abgeordneten. Die EU-Kommission zeigt sich ebenfalls besorgt angesichts der wirtschaftlichen Gleichstellung von Frauen und Männern. So betonte die EU-Justizkommissarin Vera Jourova in der vergangenen Woche: „Wir werden entschlossen weiter daran arbeiten, Frauen die Möglichkeit zu geben, ihre eigenen Entscheidungen in Bezug auf ihre Karriere und Familie zu treffen“.

Ob und wann die Forderungen nach expliziten Schutzmaßnahmen für Frauen Teil der EU-Abkommen werden, ist unklar. Nach einer Abstimmung im Parlament am Dienstag müsste eine Überprüfung aller bereits bestehenden Handelsverträge durch die Kommission folgen, bevor über deren Schlussfolgerungen wiederum im Parlament abgestimmt wird.

Erschienen bei EurActiv.

Das europapolitische Onlinemagazin EurActiv und der Tagesspiegel kooperieren miteinander.

Florence Schulz

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