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Hansa Stavanger

© dpa

Hansa Stavanger: Vier Monate ohne Zahnbürste

Vier Monate hielten somalische Piraten die Hansa Stavanger samt Besatzung in ihrer Gewalt. Nun konnten die entführten Seeleute in Kenia endlich an Land gehen. Die Hamburger Reederei will die Entführten besonders entlohnen.

Die Crew der gekaperten „Hansa Stavanger“ soll von der Hamburger Reederei Leonhardt & Blumberg besonders entlohnt werden. Die 24 Seeleute, die vier Monate lang in der Gewalt somalischer Piraten waren, können nach den Worten von Reedereisprecher Christian Rychly mit Extraleistungen rechnen. Rychly sagte am Sonntag in Hamburg: „Wir werden Situation und Wünsche jedes Einzelnen berücksichtigen. Wer einen langen Urlaub möchte, bekommt ihn ebenso wie Extra-Geld.“ Wer schnell wieder anheuern wolle, könne dies auch tun. Wann die Seeleute Kenia verlassen und zurück in ihre Heimatländer fliegen können, stehe noch nicht fest. Das könne noch eine Weile dauern, meinte Rychly.

Das Schiff mit seinen 24 Besatzungsmitgliedern lief nach der Befreiung am Samstag im Hafen von Mombasa ein. Eskortiert wurde es von der Bundeswehr- Fregatte „Brandenburg“. Fünf Mitglieder der Besatzung stammen aus Deutschland, zwölf aus Tuvalu im Südpazifik, drei aus Russland, zwei aus der Ukraine und zwei von den Philippinen. Der erste Abend an Land sei groß gefeiert worden. Am Samstagabend gab es nach den Worten von Rychly ein Festessen für alle in dem kenianischen Strandhotel, in das die Seeleute gebracht worden waren. „Das hatte sich die Crew ausdrücklich gewünscht, Essen und Trinken gemeinsam mit den Reedereivertretern vor Ort“, betonte er.

Die „Hansa Stavanger“ war am 4. April rund 400 Seemeilen vor der somalischen Küste von Seeräubern überfallen und gekapert worden. Erst am 3. August gaben die Piraten das Schiff gegen ein Lösegeld von etwa zwei Millionen Euro wieder frei. Nach Angaben von Torsten Ites, Kommandant der „Brandenburg“, mussten die meisten „Stavanger“-Seeleute monatelang auf der Brücke schlafen. Die Hälfte der Crew musste von einem Zahnarzt behandelt werden. „Sie konnten sich vier Monate lang nicht die Zähne putzen“, sagte Ites. „Die Piraten haben ihnen Zahnpasta und Zahnbürsten weggenommen. Sie haben alles gestohlen.“ Auch Handys, Kreditkarten, Kleidung und Schuhe sollen die Piraten mitgenommen haben. Um das Schiff selbst soll es ebenfalls nicht zum Besten stehen. „Es war in dem Zustand, den man nach einem Piratenüberfall erwartet“, umschrieb es Kapitän Ites. „Wenn Piraten ein Schiff kapern, hat das nichts mit Saubermachen zu tun.“ Angeblich hatten es die Seeräuber vor allem auf die technische Ausrüstung abgesehen. Die Reederei hofft, dass sie nicht auf allen Kosten wegen der Entführung des Containerschiffes sitzen bleibt und die Versicherungen einen Teil des Schadens erstatten, sagte Rychly. Schließlich habe man vier Monate lang keine Einkünfte gehabt.

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) will spätestens nach der Bundestagswahl eine Verfassungsänderung durchsetzen, die auch der Bundeswehr Geiselbefreiungen ermöglicht. Im Zusammenhang mit den Entführungen deutscher Schiffe vor der Küste Somalias bekräftigte Jung in der „Bild am Sonntag“: „Nach unserer Verfassung ist derzeit für eine Geiselbefreiung die Polizei zuständig. Bis die Polizei am Horn von Afrika einsatzfähig gewesen ist, hat sich die Lage längst verschärft. Erst gab es auf der „Hansa Stavanger“ fünf Piraten. Später waren es bis zu 35 Piraten, und die Lage wurde viel schwieriger.“

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ hatte der Berliner Krisenstab eine zweite militärische Aktion gegen die Entführer vorbereitet, die aber abgeblasen wurde. Der Angriff durch Kampfschwimmer sollte sofort nach der Lösegeldübergabe erfolgen. Das Auswärtige Amt in Berlin wollte dazu keine Stellung nehmen. „Auch nach der Freilassung der Geiseln äußern wir uns nicht zur operativen Arbeit des Krisenstabs“, erklärte ein Sprecher.

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