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Hartz IV: Alle Parteien wollen mehr fördern als fordern

Mit Blick auf die Hartz-IV-Empfänger treten alle Parteien im Wahlkampf mit sozialem Gewissen auf. Sie versprechen den Betroffenen großzügige Regelungen. Wie viel das alles kosten soll, ist indes schwer vorherzusagen.

Berlin - Wenn es um die Zukunft von Hartz IV geht, dann sind sich Linken-Fraktionschef Oskar Lafontaine und der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle zumindest in einem Punkt einig: Das zu schonende Vermögen, das Empfänger von Arbeitslosengeld II für die private Altersvorsorge zurücklegen dürfen, muss deutlich steigen. Das fordern die Linkspartei und die FDP in ihren Wahlprogrammen. Nur dass die Forderungen der Liberalen weiter reichen. Während die Linke künftig 700 Euro pro Lebensjahr anrechnungsfrei lassen will (derzeit sind es 250 Euro), stellt die FDP 750 Euro in Aussicht.

Viereinhalb Jahre nach der Umsetzung der Hartz-IV-Reform unter der rot-grünen Regierung Schröder will keine der Parteien im angelaufenen Bundestagswahlkampf ein Loblied auf die umstrittene Arbeitsmarktneuregulierung anstimmen. Stattdessen werden den Betroffenen großzügigere Regelungen versprochen. Das Thema im Wahlkampf ausschlachten will ohnehin nur die Linke – mit der plakativen Forderung „Hartz IV muss weg“.

Dass auch bei längerer Arbeitslosigkeit die Ersparnisse fürs Alter nicht mehr so stark wie bislang angetastet werden, da sind sich inzwischen alle Parteien einig. Die Union argumentiert, damit solle „die zukünftige Altersarmut von breiten Bevölkerungsschichten“ verhindert werden. Nach Vorstellungen der SPD soll Vermögen, das „unwiderruflich“ der privaten Altersvorsorge dient und im Alter als monatliche Rente ausgezahlt wird, gar nicht mehr angerechnet werden.

Das Prinzip „Fördern und Fordern“, das zu den wesentlichen Änderungen in der Arbeitsmarktpolitik gehörte, wird bei der Union nur noch vage angesprochen, bei der SPD gar nicht mehr. Was vor allem das „Fordern“ in der Praxis bedeutet, dazu bekennt sich nur die FDP offen: Wer zumutbare Arbeit ablehnt, muss mit Leistungskürzungen rechnen.

Die Grünen hingegen dokumentieren ihr schlechtes Gewissen über die Regelungen, die sie selbst zu verantworten haben: Kontrolle, bürokratische Schikane, Gängelung und eine Unkultur des Misstrauens und Sanktionierens – das sind die Vokabeln, die sie nun für Hartz IV wählen. Ein „Leben in Würde und Selbstbestimmung und eine armutsfeste Existenzsicherung“ seien nicht gegeben. „Diesem Anspruch sind die von Rot-Grün mitverantworteten Arbeitsmarktreformen und das Arbeitslosengeld II nicht gerecht geworden“, heißt es bei den Grünen weiter.

Auch wenn die Ökopartei nicht ganz so drastisch formuliert wie die Linke, nähert sie sich doch deren Positionen ein Stück weit an: So sollen die Regelsätze für Erwachsene sofort auf 420 Euro erhöht werden (Linke: im Laufe der Wahlperiode auf 500 Euro), das Einkommen des Partners soll bei beiden nicht mehr berücksichtigt werden. Ziel der Grünen ist „eine Grundsicherung, die ohne Sanktionen auskommt“. Bei den Linken heißt das „bedarfsdeckende und sanktionsfreie Mindestsicherung“.

Wie viel diese Versprechen kosten könnten, ist schwer vorherzusagen. In einem Gutachten der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung waren die Mehrausgaben für die Forderungen der Linken vor einiger Zeit auf rund 30 Milliarden Euro beziffert worden. Damals forderte die Partei allerdings noch einen Regelsatz von 435 Euro. Noch nicht berücksichtigt war in den Berechnungen allerdings die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn. Dadurch würde sich die Zahl der Personen reduzieren, die ergänzend zu ihrer Arbeit auf das Arbeitslosengeld II angewiesen wären. Das hieße: Für den Staat würde es ein bisschen günstiger.

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