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Politik: Hauptsache, die Quote steigt

In der Bundesregierung gibt es Pläne, den Kongoeinsatz der Bundeswehr als Beitrag zur Entwicklungshilfe anrechnen zu lassen

Berlin - Hellmut Königshaus traut der Bundesregierung einiges zu. Schon im September warnte der FDP-Bundestagsabgeordnete davor, auf die Idee zu verfallen, den Kongoeinsatz der Bundeswehr zur Sicherung der dortigen Wahlen womöglich aus dem Entwicklungshilfeetat bezahlen zu wollen. Diese Forderung war damals von einigen Unions-Bundestagsabgeordneten erhoben worden.

Ganz so weit will in der Regierung wohl niemand gehen. Doch offenbar gibt es im Außen- und im Finanzministerium einige Sympathie für den Vorschlag, die Regeln darüber, was als öffentliche Entwicklungshilfe gilt (ODA), weniger streng auszulegen, als die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) dies bisher tut. Dann könnte der Kongoeinsatz, der ja kein klassischer Kampfeinsatz gewesen sei, die ODA-Quote noch etwas erhöhen.

Die Quote ist interessant, weil die Industrienationen beim Millenniumsgipfel der Vereinten Nationen zum wiederholten Mal versprochen haben, bald mindestens 0,7 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Entwicklungshilfe auszugeben. Derzeit beträgt die deutsche ODA-Quote 0,35 Prozent des BIP. Alle Staaten versuchen, ihre Quote mit einigen erlaubten Tricks aufzuhübschen. Deutschland profitiert dabei stark davon, dass Schuldenerlasse als ODA gelten. Das findet Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek- Zeul (SPD) auch völlig in Ordnung. Ihr Argument: Ein Schuldenerlass wirke wie eine Budgethilfe. Vor allem 2006 spielte das eine große Rolle. So erließ Deutschland Nigeria 1,4 Milliarden Euro Schulden. Es ging dabei überwiegend um Rechnungen, die der frühere Diktator Abacha nicht bezahlt hatte. Auch die Schuldenstreichung für den Irak in einer Höhe von 1,2 Milliarden Euro wirkte sich positiv aus. Dabei geht es nach Informationen der Nicht-Regierungsorganisation „Erlassjahr“ überwiegend um Hermes-Bürgschaften aus der Regierungszeit von Saddam Hussein, die zu Schulden wurden.

Eine relevante Rolle spielen auch die Kosten für ausländische Studenten. Rund 600 Millionen Euro kann Deutschland dafür anrechnen lassen. Weniger relevant ist angesichts der dramatisch gesunkenen Asylbewerberzahlen die Tatsache, dass auch Teile des Asylverfahrens als staatliche Entwicklungshilfe abgerechnet werden dürfen. ODA-fähig sind auch Ausgaben für die Goetheinstitute und die deutschen Auslandsschulen, die Ausbildung von Polizisten und Beiträge zu internationalen Organisationen.

Bisher sind Friedenseinsätze nicht anrechnungsfähig. Auch Wahlbeobachter dürfen bisher keine Soldaten sein. Die OECD-Staaten haben sich darauf vor Jahren geeinigt. Doch Sympathie für eine Änderung der Richtlinien gibt es nicht nur in der Bundesregierung, sondern auch anderswo. Schließlich werden schon heute rund 300 Millionen Euro im Jahr aus dem Europäischen Entwicklungsfonds – eigentlich anrechnungsfähig – an die Friedenstruppen der Afrikanischen Union überwiesen. Diese Summe wird aber noch von der ODA-Quote abgezogen.

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