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Hessens Innenminister Rhein: Enttäuschte Nachwuchshoffnung

OB-Wahl verloren, Rügen von Gutachtern und Gerichten: Hessens Innenminister Boris Rhein steht unter Druck. Dabei galt er lange als ein Talent - doch der Druck von verschiedenen Seiten wird immer stärker.

Es läuft ziemlich schlecht für das einstige Nachwuchstalent der hessischen CDU, Innenminister Boris Rhein. Ein neutraler Gutachter hat dem Minister soeben bescheinigt, dass er bei einer Postenbesetzung die Rechte eines Bewerbers verletzt habe. In der erbitterten Auseinandersetzung mit der von ihm geschassten LKA-Präsidentin Sabine Thurau erlitt der Minister eine weitere schwere Schlappe: Das Wiesbadener Verwaltungsgericht stellte fest, Thuraus Entlassung sei „mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit rechtswidrig“ gewesen.

Der Zwist zwischen der einst hochgelobten ersten Chefin eines deutschen Landeskriminalamts (LKA) und dem forschen Innenminister trägt bizarre Züge. Die Vorwürfe gegen Thurau gipfelten darin, sie habe der Presse geheime Abhörprotokolle zugespielt, in denen der Minister als Freund der Hells Angels erscheine. Gegen Thurau ermittelt die Staatsanwaltschaft. Trotzdem hat das Verwaltungsgericht der gefeuerten LKA-Chefin jetzt das Recht auf Rückkehr an ihren Schreibtisch zuerkannt, damit sie wenigstens ihre Probezeit ableisten kann.

Minister Rhein will die vom Gericht verfügte Rückkehr der geschassten Chefin ins LKA jedoch unbedingt verhindern. Um ihr das mitzuteilen, wurde Thurau für Montagvormittag zu einem Gespräch mit einem Abteilungsleiter des Wiesbadener Innenministeriums einbestellt. Thuraus Anwalt sagte dem Tagesspiegel, er werde die Rechte seiner Mandantin notfalls mit der Androhung von Zwangsgeld durchsetzen. Das verspricht weitere unangenehme Schlagzeilen.

Auch in der „Polizeichefaffäre“ gerät Rhein unter Druck. Sein Vorgänger, der heutige Ministerpräsident Volker Bouffier, hatte 2005 einen Parteifreund zum Präsidenten der hessischen Bereitschaftspolizei ernannt und dessen Mitbewerber übergangen. Über eine Klage beim hessischen Verfassungsgericht setzten die Oppositionsparteien durch, dass ein Gutachter die Vorgänge für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss durchleuchten konnte. Professor Matthias Pechstein von der Europa-Universität Viadrina fand in dem Auswahlverfahren für den Posten ein halbes Dutzend Rechtsverstöße.

In seiner Rekonstruktion der Abläufe, die dem Tagesspiegel vorliegt, bescheinigt Pechstein aber dem damaligen Minister Bouffier, „persönlich im guten Glauben“ gehandelt zu haben. Sein damaliger Staatssekretär, der heutige Minister Rhein, habe ihn nämlich aufgrund „unentschuldbarer Fehleinschätzung“ falsch informiert. Der unterlegene Bewerber klagt vor dem Wiesbadener Landgericht auf eine Entschädigung. Das Gutachten liefert ihm neue Munition.

Innenminister Rhein schien die anstehende Kabinettsumbildung, die die FDP mit ihrem forcierten Generationenwechsel ausgelöst hat, unbeschadet überstanden zu haben. Doch die neuen Schlagzeilen dürften die Gerüchte weiter anheizen, die Ablösung des Ministers – er hat zudem gerade die Frankfurter OB-Wahl verloren – stehe unmittelbar bevor.

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