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Afrika: Im Interesse der Werte?

Dagmar Dehmer über Ansätze einer neuen deutschen Afrikapolitik.

Die deutsche Außen- und Entwicklungspolitik soll sich für Menschenrechte und deutsche Wirtschaftsinteressen einsetzen. Diese Position haben Außenminister Guido Westerwelle und sein Entwicklungsminister Dirk Niebel (beide FDP) bei ihren ersten Auslandsreisen in voller Übereinstimmung deutlich gemacht. Niebel drückte das im Interview mit dem Tagesspiegel so aus: „Wir wollen eine werteorientierte Entwicklungszusammenarbeit machen, die aber auch deutsche Interessen vertritt.“ Geht das überhaupt? Vor allem in Afrika?

Das einzige Kennzeichen der deutsche Afrikapolitik der vergangenen 15 Jahre ist, dass es keine Afrikapolitik gibt. Das haben die beiden Afrikaexperten der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) Denis Tull und Stefan Mair vor etwa einem Jahr in einer Studie deutlich herausgearbeitet. Sie haben darin die Formulierung einer Afrikapolitik gefordert, in der deutsche Interessen überhaupt erst einmal formuliert werden. Die Afrikaexperten des Auswärtigen Amtes haben sich darüber offenbar so sehr geärgert, dass sie im Sommer 2009 „Leitlinien für die Afrika-Politik“ formuliert haben. Sie enthalten vom Schutz der Menschenrechte bis zum Zugang zu Energiequellen und Rohstoffen alle Stichworte, die man erwarten darf. Was die Leitlinien nicht leisten, ist eine Auseinandersetzung mit den Widersprüchen dieser disparaten Ziele. Und genau da machen Westerwelle und Niebel mit ihrer Politik weiter.

Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), die größte staatliche Durchführungsorganisation für die deutsche Entwicklungshilfe, fördert beispielsweise Projekte in der Demokratischen Republik Kongo, um illegal geförderte Rohstoffe zurückverfolgen zu können. Offenbar ist es technisch inzwischen möglich, bis in höhere Verarbeitungsstufen von Mineralien oder Metallen hinein, zuzuordnen, wo genau der Rohstoff herkommt. Die Hoffnung ist, so legal von illegal geförderten Rohstoffen unterscheiden und auf diese Weise Geldquellen für Milizen im Ostkongo trockenlegen zu können. Gleichzeitig will Niebel aber die Interessen deutscher Firmen im Blick behalten, die darauf pochen, Zugang zu den Rohstoffquellen zu bekommen oder zu behalten. Da es nicht ganz einfach ist, legale von illegalen Minen zu unterscheiden, weil auch ein Bergwerk unter der Kontrolle eines Milizenführers eine Genehmigung eines korrupten Regierungsbeamten haben kann, dürfte das Konzept also schnell an seine Grenzen kommen. Andererseits könnten diese technischen Möglichkeiten den Beweis dafür liefern, was viele seit Jahren vermuten, dass Ruanda im Ostkongo illegal geförderte Rohstoffe zu eigenen umdeklariert. Mit dem ruandischen Präsidenten Paul Kagame hat sich Niebel aber bei seinem ersten Afrikabesuch vor ein paar Wochen ausgezeichnet verstanden. Niebel hat zwar auch erwähnt, dass es in Ruanda keine Pressefreiheit gibt. Aber dass er in einem solchen Fall den Konflikt mit dem „afrikanischen Musterstaat“ suchen würde, darf wohl dennoch bezweifelt werden.

Eine werteorientierte Außen- und Entwicklungspolitik kann eben nicht immer deutschen Interessen dienen. Manchmal stehen beide im Widerspruch. Das ist die Bewährungsprobe für das „neue“ Konzept von Niebel und Westerwelle.

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