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Image der Kandidaten: Steinmeier landet Überraschungscoup

Ein TV-Duell, das keines war – und doch konnte trotz Kuschelkurs von Merkel und Steinmeier einer der Kandidaten bei den Wählern klar punkten. Der SPD-Kanzlerkandidat ging in nahezu allen Umfragen als Sieger aus dem "Streitgespräch" hervor. Zu verdanken hat er das der niedrigen Erwartungshaltung der Zuschauer.

"Gegenseitig beleidigt haben sich die Kandidaten nicht, mehr Wattebausch als Säbel oder Pistole. Insofern war es doch mehr 'ein Duett als ein Duell'", schrieb die Süddeutsche. "Das war fair! Das war staatstragend! Das war leider auch ziemlich langweilig“, amüsierte sich die Bildzeitung. „Wirklich neue Erkenntnisse hat das Duell nicht gebracht“, resigniert die Zeit. Kurzum: Das einzige TV-Duell zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) war nicht mehr als eine seichte Sonntagabendunterhaltung, bei der keiner der Protagonisten wirklich etwas riskierte. Streit, Angriff, Kontroverse? Fehlanzeige. 

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Steinmeier liegt weit vorn, Merkel ist abgeschlagen. -

© charismakurve.de

Umso erstaunlicher ist es, dass trotz des kraftlosen Duetts doch einer der beiden Kandidaten als Sieger aus dem Stelldichein hervorging. Die Zuschauer urteilten: Frank-Walter Steinmeier hat das Duell gewonnen. Die aktuelle Charismakurve beispielsweise zeigt nach dem TV-Duell ein enormes Auseinanderdriften der beiden Kandidaten: Schon in der vergangen Woche hatte sich Steinmeiers Charismakurve positiv entwickelt, während Merkel im Abstieg begriffen war. Doch in dieser Woche nun scheint Steinmeier unaufholbar vorne zu liegen. Merkel erhält in der Bewertung nur noch einen Mittelwert von etwa 1,5 während Steinmeier bei rund 7,5 liegt.

Bei der Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen ist das Ergebnis zwar nicht ganz so deutlich; Nur 31 Prozent der Befragten sehen Steinmeier vor Merkel mit 28 Prozent. Aber Steinmeier scheint die Zuschauer positiv überrascht zu haben. Während 51 Prozent der Befragten fanden, dass sich Steinmeier besser als erwartet geschlagen hatte, befanden bei Merkel nur 10 Prozent, dass sie sich besser verkauft habe, als angenommen.

Diese Überraschung scheint sich bei den Wählern positiv für Steinmeier auszuwirken. Der SPD-Kanzlerkandidat befindet sich unbestreitbar in einer erfolgreichen Phase der Aufholjagd. Während die Wähler von Merkel ein souveränes Auftreten gewöhnt sind, scheint sie die Souveränität Steinmeiers zu beeindrucken: Der Herausforderer kann wider Erwarten auf Augenhöhe mit der Kanzlerin diskutieren.

Hierin liegt  auch die Erklärung dafür, dass Steinmeier trotz des Kuschelkurses mit Merkel im TV-Duell mehr punkten konnte und laut Charismakurve der eindrucksvollere Kandidat ist. Von wem wenig erwartet wird, der kann mit einem erfolgreichen Auftritt viel Boden gut machen. Wenn aber - wie von Kanzlerin Merkel - viel erwartet wird und die Erwartungen lediglich erfüllt werden, dann beeindruckt das wenig.

So haben im Endeffekt zwar beide Kandidaten mit ihrem müden Duett die Zuschauer  gelangweilt, doch Steinmeier konnte sich mit seinem für viele überraschend souveränen Auftritt mehr profilieren.

Teil 3 der Serie über die Entwicklung der Charismakurve von Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier. Lesen Sie hier Teil 1 und Teil 2.

Simone Bartsch

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