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Armut im Alter. Am häufigsten trifft es Rentnerinnen im Westen.

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Immer mehr Rentner brauchen Sozialhilfe: Grüne: Regierung verschließt die Augen vor Altersarmut

Immer mehr alte Menschen benötigen Hilfe vom Staat, weil ihre Rente reicht. Aus der Sicht von Sozialverbänden ist das ein Armutszeugnis.

In Deutschland sind immer mehr Rentner auf Sozialhilfe angewiesen. Ende 2013 bezog dem Statistischen Bundesamt zufolge knapp eine halbe Million Menschen im Alter von über 65 Jahren Grundsicherung vom Staat. Das sind 7,4 Prozent mehr als im Jahr zuvor und knapp doppelt so viele wie bei der Einführung 2003. Die Opposition warf der Regierung vor, mit der Rentenreform das wirkliche Problem nicht angegangen zu sein, die Sozialverbände forderten höhere Regelsätze.

Die Entwicklung sei „lange absehbar“ gewesen, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt dem Tagesspiegel. Union und SPD hätten „aus politischen Gründen die Augen davor verschlossen“. Die steigende Altersarmut mache „jetzt sichtbar, wie hoch der soziale Preis des milliardenschweren Rentenpakets von Schwarz-Rot ist“. Mütterrente und Rente mit 63, die viele Milliarden Euro kosteten, nutzten „ausgerechnet jenen Rentnern nichts, die im Alter arm sind“. Die Entwicklung sei „ein Armutszeugnis für die wohlhabende Bundesrepublik“, sagte Ulrike Mascher, Präsidentin des Sozialverbands VdK.

Am häufigsten sind alte Frauen im Westen betroffen

Der Statistik zufolge sind am häufigsten alte Frauen in Westdeutschland und Rentner in den Stadtstaaten betroffen. Im Westen bezogen 36 von 1000 Frauen Grundsicherung, im Osten 22. Insgesamt wurden im früheren Bundesgebiet, bezogen auf 1000 Einwohner, 32 alte Menschen finanziell unterstützt, in den neuen Ländern 21. Spitzenreiter unter den Bundesländern waren Hamburg (68 je 1000 Einwohner), Bremen (59) und Berlin (58). Am seltensten erhielten Rentner in Sachsen und Thüringen Unterstützung (11 pro 1000 Einwohner). Hinzu kommen 463 000 Menschen zwischen 18 und 65, die wegen dauerhafter Erwerbsminderung Hilfe benötigen.

Linkspartei forderte schnelle und „harte Maßnahmen“

Die Linkspartei forderte schnelle und „harte Maßnahmen“, um den „Trend, dass immer weniger Menschen von ihrer Rente leben können“, zu stoppen. Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) dürfe sich „nicht auf dem Rentenpaket ausruhen“, sagte Fraktionsexperte Matthias Birkwald. Nötig seien ein höheres Rentenniveau von 53 Prozent, die Rückkehr zur Regelaltersgrenze von 65 Jahren, die Abschaffung der Abschläge für Erwerbsgeminderte und 1050 Euro Mindestrente.

Paritätische Wohlfahrtsverband sieht Lawine der Altersarmut

Der Paritätische Wohlfahrtsverband nannte die Entwicklung „in höchstem Maße alarmierend“ und verlangte eine „durchgreifende Reform“ der Altersgrundsicherung. Die neuerlichen Rekordzahlen seien „Vorboten einer auf uns zurollenden Lawine der Altersarmut“, sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider. Nötig sei eine Erhöhung der Regelsätze auf 510 Euro im Monat. Auch der Vdk fordert höhere Sätze. „Ein kaputter Herd, eine neue Brille oder eine Stromnachzahlung lassen Grundsicherungsbezieher heute oft verzweifeln", sagte Mascher. Es liege auf der Hand, dass man dafür von 391 Euro im Monat nicht genug zurücklegen könne.

Die Arbeiterwohlfahrt wies darauf hin, dass die Statistik das Ausmaß der Altersarmut nicht wirklich erfasse. Schließlich beantragten viele „aus Unkenntnis oder Scham die ihnen zustehende Leistung gar nicht“.

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