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Politik: Immer schön bescheiden

Wolfratshausen ist so angenehm. Und dann gleich das: Wedding.

Wolfratshausen ist so angenehm. Und dann gleich das: Wedding. Der neue Berliner Ortsteil und alte Arbeiterbezirk bildete die Kulisse für Karin Stoibers ersten großen Auftritt als Frau des Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber. Sie wollte es nicht so, die anderen wollten es. Stoibers Frau war am Dienstag nur dort, weil sie immer treu ist.

Karin Stoiber kennt ihre Pflichten. Eine hat sie bei den SOS-Kinderdörfern, für die sie sich seit langem engagiert, auch für das Berliner SOS-Berufsausbildungszentrum. Ein Termin, der fix im Kalender notiert war, bevor ihr Mann Edmund zum Herausforderer Gerhard Schröders ausgerufen wurde. Dort stand sie nun und konnte nicht anders. Denn ihr Mann hatte den Wahlkampf mit Trara und dafür ohne Schlips bereits eröffnet. Er krempelt die Arme hoch, will es anpacken, sagt er schon auf Plakaten. Für sie heißt das nolens volens: Sie muss es auch.

Bei diesem Thema gibt es keine Gleichberechtigung. Spitzenfrauen zelebrieren ihr privates Glück nicht. Die Männer stehen füglich hintan. Angela Merkel und ihr Mann, der Chemiker Joachim Sauer, sind so ein Beispiel. Vorbei auch die Zeiten, als Frauen nur den Glanz ihrer regierenden Gatten spiegeln sollten. Wollen sie heute, dass ihr Mann die Herzen der Wähler gewinnt, müssen sie Selbstbewusstsein zeigen - und am besten ein wenig selber glänzen. Karin Stoiber will vermutlich seit den meisten der 33 gemeinsamen Ehejahre, dass ihr Mann Erfolg hat. Selber glänzen wollte sie dagegen nie. Auch jetzt noch nicht, das legt schon ihre dezente Art und Erscheinung nahe. Es ist auch kein Geheimnis, dass Karin Stoiber mit der neuen Rolle ihres Mannes nicht so ganz glücklich ist. Sie mag ihr Familienleben in Wolfratshausen, hatte sie im Sommer der "Bunten" anvertraut, und wollte damals eigentlich, "dass es so bleibt".

Was sie nicht mag, ist Wahlkampf. Ihr Termin im Restaurant "Rossi" des SOS-Ausbildungszentrums, den sie vor einem Jahr noch so unbelastet wahrgenommen hatte, gab ihr jetzt einen unangenehmen Vorgeschmack. Denn natürlich musste sie sich drängenden Journalisten und den etwas weniger drängenden Fragen zu ihrer persönlichen Berliner Zukunft stellen; auch wenn dies von den Veranstaltern ausdrücklich nicht gewünscht war.

Doch Karin Stoiber blieb sich treu. Ein "herzliches Grüß Gott" entbot sie den Berlinern, um dann sogleich von Ausbildung als der besten Mitgift im Leben zu sprechen. Ob sie bald nach Berlin wiederkommt? "Hängt davon ab, ob ich eingeladen werde." Ob sie sich vorstellen kann, hier zu leben? "Momentan ist mein Lebensmittelpunkt München." Politisch wurde sie nur am Rande, als sie eine "schnellere Abwicklung von Problemen" fordert.

In Berlin hatte sie keine. Karin Stoiber wird mit ihrer Solo-Premiere als Kandidatengattin im Restaurant "Rossi" zufrieden sein. Das war Edmund Stoiber mit der seinen als Kandidat bei "Sabine Christiansen" auch, aber anders als er hat sie allen Grund dazu. Sie redet gut, aber gewiss niemandem rein, ist vielleicht nervös, aber im Ausdruck bestimmt. Und sie sucht die elegante Mode für sich selbst mit leichterer Hand als für ihren Mann.

Von Gattinnen wie Doris Schröder-Köpf, die sich gerne der Unabhängigkeit von ihrem Kanzler rühmt, oder von dessen früherer Frau Hiltrud, die sich das Amt gleich selbst zugetraut hatte, ist Karin Stoiber weit entfernt. In Bayern kommt diese Zurückhaltung schon mal gut an.

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